Mappe Farbe der Sprache – Sprache der Farbe / Eugen Gomringer und Jo Enzweiler im Dialog / Rehau/Saarlouis. 2009. 30 Exemplare. 10 / 30 und VI / hc. Vier Texte von Eugen Gomringer / drei Prägedrucke von Jo Enzweiler /
Satz und Druck der Textblätter auf Claire-Fontaine 160g grau / Nina Jäger, Laboratorium Institut für aktuelle Kunst im Saarland / Ausführung der Prägedrucke auf Zerkall-Bütten 450g mit Einfärbung, Ullrich Kerker
„Farbe der Sprache. Sprache der Farbe“
Die
Mappe „Farbe der Sprache. Sprache der Farbe“ entstand im Dezember 2009
als Gemeinschaftsprojekt des kunsthauses rehau mit dem Laboratorium,
Institut für aktuelle Kunst im Saarland, Saarlouis. Sie umfasst vier
Texte von Eugen Gomringer sowie drei Prägedrucke von Jo Enzweiler,
welche sich ebenbürtig gegenüberstehen: Gomringer formuliert das Wesen
der Farbe in der Sprache der konkreten Poesie, während Enzweiler in
seinen Prägedrucken die Farben sprechen lässt.
Die drei
Prägedrucke Jo Enzweilers sind den Primärfarben Rot, Gelb und Blau
gewidmet. Durch die mehrteilige Prägung entsteht eine reliefartige
Oberflächenstruktur, die bei schräg einfallendem Licht die
formbegrenzenden Druckkanten optisch als Linien hervortreten bzw.
zurückweichen lässt. Alle drei Prägedrucke werden durch ein zentrales
rautenförmiges Element betont, das die Mitte der Bildfläche in einer
leicht schräg von links nach rechts oben gerichteten Bewegung schneidet
und zugleich die farbigen Prägungen der Komposition in ein klares Oben
und Unten gliedert.
Den Primärfarben Rot, Gelb und Blau, welche
jeweils den oberen Bildteil definieren, ist im unteren Bereich der
Komposition eine schwarze bzw. aus der Aufhellung des Schwarz
resultierende, in zahlreichen Nuancierungen abgestufte dunkel-, mittel-
bzw. hellgraue Fläche entgegengesetzt. Jedoch variiert bei den insgesamt
40 Exemplaren der Mappe nicht nur die Sättigung des Schwarz’ sondern
auch die farbigen Eindrücke sind gewissermaßen von „dunkel“ nach „hell“
gedruckt. D. h. kein Blatt gleicht dem anderen, da mit jedem
Druckvorgang die Farbsättigung des Druckstocks abnimmt und so die Farbe
innerhalb der Reihe stufenweise heller erscheint.
Formal bestimmen bei der roten Komposition, im Gegensatz zu der gelben und der blauen, die Farbelemente flächenmäßig den größten Bildraum, da die Farbformen sowohl am oberen als auch am unteren Rand bis an die Grenze des Bildraumes geführt sind. Auch hier lässt sich von Blatt zu Blatt eine stufenweise Veränderung ablesen: Die gelbe Komposition führt die Farbfläche im oberen Bildbereich parallel zur Bildbegrenzung und das blaue Blatt weicht schließlich sowohl im oberen als auch im unteren Bereich vom Rahmen des Bildraumes zurück.
Eugen Gomringer hat jedem Prägedruck einen Text zur Seite gestellt,
welcher die Farbe des jeweiligen Blattes als konkretes Gedicht in
gestalteter Form von Worten als eigenständiges Kunstwerk manifestiert.
Auf den drei Blättern thematisiert jeweils ein achtzeiliges Gedicht eine
der drei Primärfarben im Gleichklang bzw. im Wechselspiel mit der Farbe
Schwarz. Gomringer wählt zur Charakterisierung der Farben
lautmalerische Worte: Er beschreibt je nach Sättigung das Rot als satt
oder licht, das Gelb als voll oder hell, einsilbige Adjektive mit
gleichlautenden Konsonanten im Ausklang, die auf den Wortlaut der Farbe
hindeuten. Das explosive „t“ als Abschluss der Worte „rot“, „satt und
„licht“ steht im Kontrast zu einem klingenden „l“, welches den Worten
„gelb“, „voll“ und „hell“ seinen Klang verleiht und somit den Farben
ihren Charakter zuweist. Im wiederkehrenden Versmaß zweier, sich
aufeinander beziehender, identischer Paarreime (aa bb bb aa) notiert er
den Gleichklang von Gelb und Schwarz sowie von Rot und Schwarz, wobei
jeweils der erste und der vierte sowie der zweite und der dritte Reim
inhaltlich direkt miteinander korrespondieren: Je satter das Rot
hervortritt, desto satter behauptet sich das Schwarz und je heller das
Gelb aufscheint, desto heller wirkt auch das Schwarz. Demgegenüber
thematisiert das der Farbe Blau gewidmete Gedicht die konträre
Farbentwicklung von Blau und Schwarz: Je leichter das Blau erklingt,
desto tiefer erscheint das Schwarz und umgekehrt. Die Gegensätzlichkeit
drückt sich nicht nur in verschiedenartig klingenden Adjektiven (leicht
vs. tief), sondern auch in der wechselnden Versstruktur zweier
aufeinanderfolgender Blockreime aus (ab ba ab ba). Beibehalten hat
Gomringer allerdings auch hier den inhaltlichen Bezug zwischen dem
ersten und vierten sowie dem zweiten und dritten Reim, welche jeweils
sinnbildlich gespiegelt erscheinen.
Innerhalb der Mappe „Farbe
der Sprache. Sprache der Farbe“ beziehen sich die Arbeiten Eugen
Gomringers und Jo Enzweiler gegenseitig aufeinander, ohne dabei ihre
Eigenständigkeit einzubüßen.
Weitere Blätter der Mappe: Artothek-Nr. 1465 Artothek-Nr. 1463 und Artothek-Nr. 1465
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