Bewegung bei Figur und Form zählt zu den Hauptthemen bildender Kunst. In seltenen Fällen kann das Objekt selbst seine Stellung verändern, in der Regel ist es jedoch statisch. Die Darstellung aktiv handelnder Figuren und Gestaltungselemente wie serielle Reihung, Wechsel und Modifikation von Linie, Form und Farbe, rhythmische Abfolgen und deren Unterbrechung lassen uns Bewegungen nachvollziehbar miterleben. Die dabei angewandten Methoden reichen von formalen Wiederholungen, sukzessiven Positionsverschiebungen, kalkulierten Sprüngen und der zu einem ausgewogenen Gleichgewicht tendierenden Balance von Kräften bis hin zu Geschwindigkeit andeutenden optischen Unschärfen. Die jeweiligen Bildanordnungen können sehr verschiedene Bewegungsanmutungen vermitteln.
Petra Wilhelmy
Redaktion: Petra Wilhelmy
Bewegung manifestiert sich in der mit Wachsmalkreide ausgeführten Zeichnung August Clüsseraths mittels der dynamischen Linienführung. In schnellem Duktus hat der Künstler die Farben in kontrastreichen, horizontalen Reihen aufs Papier gestrichelt und gekritzelt. Die spontane Ausführung ist Ausdruck von Entschlossenheit und leidenschaftlicher Aktivität.
Ludwig Wilding untersucht in seinen der Stilrichtung der Op-Art zugeordneten Werken die Gewohnheiten und Grenzen der visuellen Wahrnehmung. Durch Überlagerung von Strukturen erzielt er dreidimensionale Bilder und kinetische Effekte, die sich bei Veränderung des eigenen Blickwinkels wandeln und verstärken. Der Siebdruck von 1972 erzielt mit der rotierenden Abfolge sich spiegelbildlich gegenüberstehender, mit feinsten, radial ausstrahlenden Linien strukturierter Dreiecke auf einer einzigen Bildebene zwar ein reduzierteres, aber optisch ebenfalls irritierendes Seherlebnis.
Im Linolschnitt Ullrich Kerkers entsteht Bewegung sowohl auf der figurativen als auch auf der formalen Ebene. Auf den schwarzen Bildgrund sind mit weißen Linien sieben Gestalten in einer Reihe platziert, die rechts von einem nicht näher definierbaren Geäst überlagert oder vielleicht auch hinterfangen werden. Die Körperbewegungen variieren zwischen tänzerischem Schreiten und Stehen. Darüber hinaus bringt die Abfolge der Figuren einen wohlproportionierten Rhythmus zur Anschauung. Die kleinteilige Binnenstruktur erzeugt dabei eine vibrierende Spannung.
Aloys Ohlmann zeigt in seinem farbigen Siebdruck eine mit weit ausholender Gestik durchs Bild einem Kreisel nachjagende Frau. Parallele, horizontale Linien unterstreichen die Laufrichtung von links nach rechts, während der rotierende Linienball vor der Gestalt die Dynamik der Drehbewegung verdeutlicht. Im Formalen verstärken die mit schnellem Strich ausgeführte Binnenzeichnung der Figur und die wie Funken umherspringenden kleinen Rechtecke die Heftigkeit der Aktion.
Schwarze vertikale Farbverläufe addieren sich in der 1972 entstandenen Serigrafie Oskar Holwecks zu geschlossenen Horizontalreihen. Die aufgetropfte Farbe bahnt sich der Schwerkraft folgend ihren Weg nach unten und wird mit dem Pinsel zu variablen Längen in etwas stärkerem Duktus fortgesetzt. Es entstehen parallele Streifen mit einer an Partituren erinnernden rhythmischen Gliederung. Zum unteren Blattrand hin werden die Farbspritzer unregelmäßiger und freier.
Hartmut Böhm erzeugt in seinem Siebdruck mit vertikal fortschreitender Positionsverschiebung einer kurzen Linie in vier parallel angeordneten Reihen den Eindruck sukzessiver Bewegungsfolgen. Die variablen Progressionen entwickeln sich von links nach rechts mit zunehmender Dynamik, die abhängt von der Anzahl der Schritte zwischen vertikaler und horizontaler Ausrichtung der Elemente. Nach der regelmäßigen linearen Auffächerung auf der linken Seite gewinnen die weiteren Bahnen durch immer rascheren Wechsel an Geschwindigkeit und damit an optischer Unruhe.
Vera Molnárs Serigrafie zeigt ein quadratisches Raster aus gleich großen, farbigen Scheiben, jeweils acht in Breite und Höhe. In diesem Regelmaß findet Bewegung einerseits als hüpfendes Ereignis zwischen den algorithmisch verteilten Paaren in zwei Orangetönen und Schwarz statt. Andererseits scheint das dominante Hellblau dazwischen optisch vor- und zurückzugleiten und die übrigen Farben dabei mitzuziehen. Der Titel "Lent mouvement bleu, orange, noir" betont die Langsamkeit der Farbbewegung.
Lukas Kramer entwickelt in seiner Collage anhand von sieben Farbstreifen das Muster für einen variablen Fächer. Die von einem zentralen Punkt radial wegstrebenden Elemente stehen mal enger, mal etwas weiter auseinander, wobei die Dichte die Geschwindigkeit des Aufklappens impliziert. Aufgrund der gewählten Überlagerungsstruktur ergeben sich auch in der Tiefe regelmäßige, kleine Sprünge. Bewegungen der Bänder in andere Positionen sind im Modell vorstellbar und im endgültigen Objekt als Interaktion beabsichtigt.
Der Bildhauer Jan Meyer-Rogge präsentiert 2009 in seinem der Galerie St. Johann zum 40-jährigen Bestehen gewidmeten Digitaldruck die Abbildung einer seine typischen Werke humorvoll nachstellenden Kleinplastik, die wie auch die großen Arbeiten Halten und Fallen in ein Gleichgewicht bringt. Unter dem Titel Gleichgewicht, Balance und die Unruhe darin kombiniert er Formelemente aus geradem oder gebogenem Stahl und ein mit Rotwein gefülltes Glas zu einem in sich ruhenden und zugleich spannungsgeladenen Gefüge. Wird nämlich ein Teil entfernt oder nur angestoßen, kippt die gesamte Installation auf einen Schlag.
In ihrer S/W-Fotografie, Bestandteil der Mappe Post aus Völklingen mit Arbeiten aus dem Atelier Wolfgang Nestlers der HBKsaar, fängt Gabriele Worgitzki die Bewegung eines laufenden Menschen in einem nicht näher definierten Raum ein. Der Bildausschnitt zeigt lediglich den Unterkörper der Person, die Partie also, welche die körperliche Bewegung ausführt. Auf der formalen Ebene visualisiert eine gezielt eingesetzte Unschärfe deren Dynamik.
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
---|---|---|---|
je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: