Wer hat ihn noch nicht gewagt: Den Blick aus dem Fenster? Für jede*n ist er verschieden. So zeigen auch Künstler*innen durch ihre Werke ihren individuellen Blick auf die Welt hinter der Fensterscheibe. Dabei kann das Fenster einen tatsächlichen Rahmen darstellen oder ein Symbol für das Sehen der Künstler*innen sein. Manche von ihnen lassen uns durch einen konkreten Rahmen blicken, während bei anderen nur durch Reflektion der Betrachtenden die künstlerische Sicht auf die Welt entschlüsselt werden kann.
Und wer weiß, vielleicht entdecken auch Sie in der Kunst ganz individuelle, neue Blicke auf die Welt. Einige Impulse liefern die in diesem Album zusammengestellten Arbeiten mit ihrer Vielfalt von Fenstern, durch die Sie von Ihrem Fensterplatz aus neue Welten erblicken können. Und halten Sie die Augen offen – nicht nur hier gibt es Fenster zu entdecken!
Kathrin Brinkmann und Nadine Kiefer,
Studierende des Masterstudiengangs Kulturmanagement an der htw saar, Saarbrücken, SS 2024
Redaktion: Petra Wilhelmy
Ohlmann als gesellschaftskritischer und politischer Künstler wirft Blicke auf viele Problemfelder seiner Zeit. In diesem Werk thematisiert er die Grenzen von Transparenz, Einblicken und Einsichten. Sicherlich ist auch er immer wieder Menschen begegnet, die keinen Blick in ihre Welt gewähren wollten. So steht man auch hier als Betrachtende vor einer undurchdringlichen Mauer. Nicht nur die abwehrenden Mauerspitzen, auch das Hinweisschild mit der Bezeichnung „Privat“ sowie die triste Farbwahl unterstreichen den abweisenden Gestus. Es wird deutlich, dass die Bereitschaft der Betrachtenden allein nicht immer ausreicht, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Bisweilen ist man auf die Erlaubnis anderer angewiesen. Kann man diese nicht gewinnen, bleibt der Blick versperrt.
Wie Arn Strohmeyer treffend beschreibt, schafft Foeller “eine Welt von architektonisch anmutenden Phantasien, voll mit zeitlosen Chiffren und Ausblicken in grenzenlose Welten, geheimnisvoll und zauberhaft.” Was den Anschein eines zufälligen Blicks aus dem Flugzeugsfenster hat, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Konglomerat von Wirklichkeit und Fantasie. Das Bild ermöglicht die Sicht auf zwei Momente gleichzeitig, dargestellt durch die unterschiedlichen Himmelsfarben. Vielleicht können wir sogar den Fensterplatz verlassen und der Treppe ins Unbekannte folgen?
Ganz im Stil der naiven Malerei “pendelt [Maria Kloss] zwischen Realismus und Phantasie, zwischen Gesehenem und Erfundenem, zwischen Erlebtem und Erfühltem. Ihre Bilder verbinden individuelle Weltsicht mit einem humorvollen Spiel von Assoziationen.” (Hans Kloss) Beim Anschauen des Bildes fühlt man sich, als wäre man als ungebetener Gast in ein Picknick hineingestolpert. Die aufgeschreckten Blicke der Anwesenden richten sich auf die Betrachtenden. Auch der Melonenträger wirkt aus der Situation ausgeschlossen, während die beiden Damen mit ihrem Hund ihre Melonen genießen. Die Entfremdung der Realität, bewirkt durch die unnatürlich geometrische Formgebung und verzerrte Proportionen, lässt das Dargestellte absurd erscheinen. Dadurch erhascht man vermeintlich zufällig einen Blick in eine andere Lebenswirklichkeit, der man sich nicht zugehörig fühlt.
Neue Türen (oder Fenster) öffnet René Myrha mit seiner Reihe Portes. Dort zieht er den Blick, verstärkt durch seinen plakativen Stil in andere Welten: Fast entsteht der Eindruck, in einem Bühnenbild zu stehen, in das man durch die Diagonalen und die Zentralperspektive förmlich hineingesogen wird. Mit einer Kombination von Natur, Architektur und Design schafft Myrha ästhetische Abbilder, die die Realität erweitern und neue Deutungsspielräume erlauben. Mit klaren Formen und kräftigen Farben lehnt er sich an die Pop Art und damit auch an Darstellungsweisen der Massenmedien und Plakatwerbung an.
Inmitten einer Wiesenlandschaft lenkt Axel Büttner den Blick durch einen Rahmen ins Zentrum des Bildes, wo paradoxerweise eine Variante desselben alltäglichen Motivs in vergrößertem Format dargestellt wird. Die unterschiedliche Gestaltungsart der Bildzonen, gemeinsam mit dem in der Realität so nicht existierenden Rahmen tragen zu dieser Fokussierung bei, sodass sich aus dem unspektakulären Gegenstand ein Hingucker entwickelt. Welche neuen Wahrnehmungen könnten wir entdecken, wenn wir hin und wieder Ausschnitte unserer Welt durch einen Rahmen hervorheben?
Fenster erlauben nicht immer einen freien Blick, sondern können auch eine Begrenzung zwischen Welten zeigen. Sowohl die Tiere unter sich als auch die Betrachtenden werden voneinander getrennt. Durch seine Nutzung von verschiedenartigen Zäunen und Gittern rückt Vasarely auch über sein Bild hinaus die Vielfalt von Barrieren in den Blick, die uns überall begegnen können. Als Mitbegründer der Op-Art nutzt er präzise abstrakte Formmuster und geometrische Farbfiguren. In der collageartigen Abbildung zeigt er eine Überlagerung verschiedener Tiere, die auf den ersten Blick eher unübersichtlich erscheint.
In Vic Gentils Siebdruck erkennt man eine ehemals benediktinische Abtei in Gent. Interessant wirkt die Diskrepanz in der Darstellung verschiedener Bildelemente: So wird gegenständlich abgebildet, was für die Abtei von Relevanz zu sein scheint, z. B. der Raum und die Büsten offenbar bedeutender Persönlichkeiten. Dahingegen treten die anwesenden Figuren schablonenhaft, anonymisiert und mit kubistischen Zügen auf, die ihre menschliche Gestalt entfremden. Auf diese Weise vermittelt Gentils seine Sicht auf die Welt in der Abtei, die aber dennoch so rätselhaft anmutet, dass sich den Betrachtenden Deutungsspielräume für eigene Interpretationen eröffnen.
Wie häufiger in ihrem Schaffen fand Monika Bohr auch für dieses Werk Inspiration auf einer Reise, nämlich einer Exkursion nach Venedig gemeinsam mit Jo Enzweiler und seinem Atelier. In der für ihre Kunst charakteristischen Weise verwendet sie auch hier Raster und geometrisierte Darstellungen ihrer Eindrücke. Gleich mehrfach erleben wir Einblicke in andere Welten: In der Gegenüberstellung des gleichen Motivs in einer dunklen Umgebung im Kontrast zu einer komplementär hellen Variante. Auf diese wird der Blick gleichsam wie durch ein Tor in der dunklen Fläche geleitet. Bemerkenswert erscheint die Wahl der sich wiederholende Motive, die ihr womöglich auf ihrer Reise begegnet sind. Ob sie Gleise, Treppen oder Brücken darstellen, gemeinsam ist ihnen ihre Eigenschaft, Verbindungen zu schaffen.
Ein Blick in das Venedig des Jahres 1993 gewährt uns Petra Jung mit einer Arbeit, die während einer Exkursion zu Studienzeiten entstand. Ganz anders als in ihren heutigen, naturnahen Objekten stellt sie hier die Atmosphäre eines städtischen Gässchens dar. Aus dem Dunkel der schmalen Gasse blickt man in eine offene, lichtdurchflutete Häuserschlucht. Man meint fast, selbst durch das Sträßchen hindurchzugehen. Obwohl das Bild beengt wirkt, offenbaren sich viele Details. Lässt man den Blick schweifen, so entdeckt man diverse Kleinigkeiten, die die alltägliche Normalität des Dargestellten umso authentischer abbilden.
Jan Součeks Radierung versetzt die Betrachtenden in eine düstere surrealistische Stadtlandschaft. Aus einer dunklen, engen Großstadt ragen helle Inseln. Sind sie Zufluchtsorte für alle, die sich aus der Düsternis retten? Oder stellen sie bewusste Abschottung und unüberbrückbare Differenzen zwischen den Lebenswirklichkeiten dar? In beiden Fällen spiegelt sich die dystopisch-fantastische Darstellungsweise des Künstlers wider, sichtbar gemacht in der anachronistischen Vermischung verschiedener Stilformen. In architektonischer Hinsicht fällt dahingehend die Gegenüberstellung von kathedralenartigen Bauten und blockartigen Wolkenkratzern auf.
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: