Die Marienwallfahrtsstätte Hasenberg in Ensdorf/Saar
Ein Besuch auf dem Ensdorfer Hasenberg führt zurück in eine Architektur- und Kunstepoche, die noch nicht lange zurückliegt und doch bereits als abgeschlossen gelten muss: die 1950er Jahre, die Zeit des materiellen, sozialen und kulturellen Wiederaufbaus nach der NS-Diktatur und dem Zweiten Weltkrieg. Damals war es vielen Auftraggebern selbstverständlich, Bildende Künstler in den Wiederaufbau einzubeziehen. Vielerorts begaben sich Bauherren, Architekten und Künstler gemeinsam auf die Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Sie schufen Werke, die nun, zwei Generationen später, unter neuen Aspekten in das Blickfeld geraten: leider viel zu oft als Pflege- oder gar Sanierungsfälle, erfreulicherweise aber auch als wertgeschätzte Zeugen einer vergangenen Ära, die in vielerlei Hinsicht neue Wege einschlug.
Vor sechzig Jahren trat in dem saarländischen Bergarbeiterort Ensdorf ein katholischer Priester an, zusammen mit seiner Gemeinde eine Gedenk-, Wallfahrts- und Erholungsstätte anzulegen, die in ihrer Art sicher einmalig war und in der sich heute, allen Änderungen zum Trotz, der Geist jener Zeit in einzigartiger Weise ablesen lässt. Pfarrer Prof. Dr. theol. Josef Goergen (1904-1995) stammte aus dem benachbarten Fraulautern. Sein Vater Johann Goergen (geb. 1860) war als Architekt im Kirchenbau tätig. Der jüngere, in Bayern wirkende Bruder Prof. Dr. phil. Dr. theol. Aloys Goergen (1911-2005), ebenfalls katholischer Priester, gehörte zu den Wegbereitern der Liturgiereform. Die Verbindung von Kunst, Religion und Kirche war ihm ein essentielles Anliegen. 1963-79 lehrte er Philosophie der Ästhetik und der Symbolischen Formen sowie Theologie des christlichen Kirchenbaus an der Akademie der Bildenden Künste München, war zeitweilig auch deren Präsident. Auch für den nach dem Zweiten Weltkrieg an die Saar zurückgekehrten älteren Bruder Josef Goergen war die Verknüpfung von Kunst und Religion selbstverständlich. Bereits 1946 hatte er in Dillingen/Saar die Weichen gestellt für den künstlerischen Wiederaufbau der katholischen Pfarrkirche Heilig Sakrament („Saardom“), indem er die Leitung einem jungen, einheimischen Bildhauer anvertraut und sichergestellt hatte, dass zumeist junge, von der NS-Zeit unbelastete Künstler für die baugebundenen Kunstwerke der Kirche herangezogen wurden.
Bei der Einrichtung des Hasenbergs ging Josef Goergen ähnlich vor und verpflichtete für die künstlerische Gestaltung und Ausstattung von Freianlage und Kapelle vornehmlich junge saarländische Künstler wie Albert Johannes Zapp, Oswald Hiery, August Wilhelm Deppe, Karl Michaely und Oskar Holweck – allesamt Schüler der 1946 unter französischer Regie gegründeten Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk Saarbrücken, von denen die meisten ihre Ausbildung zudem in Frankreich vertieft hatten. Mit Rudi Schillings fiel die Wahl auf einen ebenfalls jungen Künstler, der damals vor allem im Bistum Trier als Glasmaler aktiv war. Aus Frankreich, in jenen Jahren führend in der Kunst der Betonverglasung, kam mit Jacques Le Chevallier ein renommierter Glaskünstler hinzu. Für die Andachtsbilder der Kapelle wählte Pfarrer Josef Goergen Arbeiten von Heinrich Kirchner, einem an der Akademie in München tätigen Bildhauer, der sich auf Bronzeguss spezialisiert hatte und nach den Erfahrungen von NS-Diktatur und Weltkrieg die religiösen Grundideen Liebe und Hoffnung in seinen Plastiken zum Ausdruck zu bringen suchte. Kirchner hatte 1954 die Theologen Romano Guardini und Aloys Goergen kennengelernt, welch letzterer „für ihn zu einem wichtigen Anreger und Kritiker wurde“ und ihn in seinem Bemühen bestärkte, „nach Ausdrucksformen für eine christliche Kunst zu suchen, die an den Möglichkeiten, die die Moderne im 20. Jahrhundert aufgezeigt hat, nicht vorübergeht.“ (Höfert, S. 97) Auf diesen Künstler wurde Josef Goergen sicher über seinen Bruder Aloys Goergen aufmerksam. Johannes Dumanski, der in München Bildhauerei bei Toni Stadler und Heinrich Kirchner studiert hatte und „ein langjähriger Hörer der Vorlesungen“ von Romano Guardini war (Gössmann 1990, S. 5), schließlich fertigte das Standkreuz für die Kapelle.
Es war der Ehrgeiz von Pfarrer Goergen und seinen Mitstreitern, ihre christtheologischen Vorstellungen in zeitgemäßen und qualitativ anspruchsvollen Kunstwerken ausgedrückt zu finden. So erklärt sich der Verzicht auf hergebrachte Formen vorgeprägter christlicher Bildtypen und die Vermeidung von (Andachts-)Kitsch auf dem Hasenberg, was ganz besonders augenfällig wird in der eigenen Interpretation der Lourdes-Grotte durch Johannes Zapp, den beiden für damalige Sehgewohnheiten ungewohnten Andachtsbildwerken von Heinrich Kirchner und dem Altarkreuz von Johannes Dumanski. Kirchners Plastiken „Mutter-Königin zeigt Jesus, den Christus“ und „Pietà“ trafen auf soviel Unverständnis, dass sich Josef Goergen gezwungen sah, die theologische Bedeutung und künstlerische Stellung der beiden Bildwerke in einem Aufsatz ausführlich darzulegen (Goergen 1968). Vor allem der Abschnitt „Erklärung und Deutung der Kapelle, Plätze und Monumente“ in Goergens Beschreibung des Hasenbergs bildet eine wichtige Quelle für den religionswissenschaftlichen Hintergrund der gesamten Wallfahrtsstätte und für die Beweggründe zum Ankauf der ungewöhnlichen Andachtsbilder. Der größere politische, theologische und kunsttheoretische Kontext, indem die Hasenberganlage zu sehen ist, kann im Rahmen dieses Beitrags allenfalls angerissen werden. So soll hier auch nur darauf hingewiesen werden, dass unter dem Einfluss von Josef Goergen weitere Werke von damals aktueller Kunst für Ensdorf beauftragt bzw. angekauft wurden: für die katholische Pfarrkirche St. Marien Werke von Oswald Hiery (Portale, Vortragekreuz), Albert Kettenhofen (Mosaike), Heinrich Latz (Rundfenster), Corbinius Hasslinger (Stuckrelief), August Deppe (Fenster), Karl Mittermüller (Tabernakel, Altarleuchter) und Ella Broesch (Messgewänder), für das Pfarrhaus von György Lehoczky (Fenster), für den Friedhof von Oswald Hiery (Mahnmal) und Albert Kettenhofen (Mosaik) sowie für den öffentlichen Raum von Corbinius Hasslinger (Dorfkreuz). Eine eingehende Untersuchung und übergreifende Darstellung an anderer Stelle dürfte zweifellos lohnend sein.
Entstehung der Anlage
Am Anfang stand ein Anliegen des Ensdorfer Kaplans Stephan Lorenz, der aus der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges zurückgekommen war. Gemeinsam mit anderen Kriegsheimkehrern wollte er auf dem Gebiet der Gemeinde Ensdorf eine Muttergotteskapelle errichten – aus Dankbarkeit für die glückliche Rückkunft und zum Gedächtnis derer, die weniger Glück gehabt hatten und in dem Weltkrieg ihr Leben ließen. Zunächst jedoch musste das Vorhaben zurückgestellt werden, da die vorhandenen Mittel dringender für die Wiederherstellung der zerstörten Wohnungen, öffentlichen Gebäude und der katholischen Pfarrkirche St. Marien benötigt wurden. Ensdorf, ein von Bergbau und Landwirtschaft geprägter Ort unweit der deutsch-französischen Grenze, war wie viele andere saarländische und lothringische Städte und Gemeinden durch Kampfhandlungen in Mitleidenschaft gezogen und stark zerstört worden. Der vorläufige Abschluss des Wiederaufbaus fiel dann zeitlich zusammen mit dem ersten Marianischen Jahr.
Den 8. Dezember 1953 als hundertsten Jahrestag der Verkündung vom Dogma der „Unbefleckten Empfängnis Mariens“, dem Glaubenssatz, dass Maria, die Mutter des Gottessohnes Jesus, frei von der Erbsünde sei, nahm das damalige Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Pius XII., zum Anlass, ein Marianisches Jahr auszurufen, um über die Marienverehrung den katholischen Glauben zu mehren und zu stärken. Das Saarland, zu jener Zeit ein mit Frankreich in Wirtschafts- und Währungsunion verbundener Staat, hatte in seiner Verfassung vom 15. Dezember 1947 die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Bildungsträger anerkannt, worin „für die gesamte kirchliche Bildungsarbeit außerordentlich schätzenswerte Möglichkeiten“ lagen (Goergen 1955, S. 325). Und mit dem gläubigen Katholiken Johannes Hoffmann war ein Ministerpräsident im Amt, auf dessen politischer Agenda auch die Förderung des christlichen Glaubens zur Überwindung der Folgen der NS-Diktatur stand. Somit fiel die Proklamation aus Rom im Saarland auf fruchtbaren Boden. Davon zeugen zahlreiche, vom Marianischen Jahr 1953/54 angeregte künstlerische Marien-Darstellungen, wie beispielsweise der Marienbrunnen auf dem Großen Markt in Saarlouis, die Marien-Fenster in der Klosterkirche Heiligenborn in Bous oder die Mariensäulen in Bous, Wadern, Bildstock, Neunkirchen und St. Ingbert. Auch widmete die saarländische Postverwaltung dem Marianischen Jahr eine Briefmarkenserie mit Abbildungen von Muttergottes-Bildnissen so bekannter Maler wie Albrecht Dürer und Raffael.
In Ensdorf, dessen Einwohner zu circa 95 % katholischen Glaubens waren, gab die Ausrufung des Marianischen Jahrs den entscheidenden Impuls, die Idee des inzwischen verstorbenen Kaplans von der Errichtung einer der Muttergottes geweihten Gedächtniskapelle in die Tat umzusetzen. Treibende Kraft bei der Realisierung des Vorhabens war Josef Goergen, seit Januar 1948 Pastor von Ensdorf. Als geeigneter Standort für die Muttergotteskapelle mit Gedächtnisstätte bot sich der am Ortsrand gelegene Hasenberg an. „Dieser Berg, der im ersten und zweiten Weltkrieg wegen seiner besonderen, weite Übersicht gewährenden Lage strategischer Stütz- und Abwehrpunkt gewesen ist, sollte nunmehr für friedliche Dienste in Anspruch genommen werden. Wo ehedem Abwehrkanonen und Kampfbunker gestanden und Schützengräben das Gelände durchschnitten haben, sollte nunmehr ein Denkmal der Pietät gegenüber den Kriegsopfern, eine Stätte der Andacht und des Friedens entstehen. So war es gedacht.“ (Goergen 1968, S. 157)
Pfarrer Goergen gelang es, Kirchenvorstand und Kirchengemeinde von dem Vorhaben des Kapellenbaus zu überzeugen und durch Schenkung und Kauf von Grundstücken auf dem Hasenberg soviel an Gelände zusammenzubekommen wie zur Errichtung des sakralen Gebäudes benötigt wurde. In vielen Fällen waren es Bergmannsfamilien, die ihre Parzellen stifteten. Da die zur Verfügung gestellten und zusammengelegten Flächen recht bald weit über das notwendige Maß hinaus wuchsen und sich zu einem Areal von über 12 Hektar vereinigen ließen, konnte der Hasenberg zu einer frei zugänglichen, großzügigen Park- und Landschaftsgartenanlage mit Wegen und Plätzen ausgestaltet werden. Aus heutiger Sicht kaum mehr nachvollziehbar sind der Enthusiasmus, die Spendenbereitschaft und der körperliche Einsatz sehr vieler freiwilliger, ehrenamtlicher Helfer und Helferinnen, die – unterstützt von der Zivilgemeinde Ensdorf und den Saarbergwerken bzw. der Direktion der Ensdorfer Grube Duhamel – die Herrichtung, den Ausbau und die Bepflanzung des Hasenbergs zu ihrer Sache machten und in ihre Hände nahmen und nicht zuletzt durch finanzielle Spenden auch die Beauftragungen und Ankäufe der Kunstwerke ermöglichten.
Begonnen mit dem ersten Spatenstich für die Kapelle am 15. August 1954, dem Fest der Aufnahme Marias in den Himmel, wurden während der anschließenden Jahre folgende Einrichtungen realisiert: Kapelle (Einweihung 1956), Kreuzweg (1956), Brunnenanlage (1956), Fatimaplatz mit Marienstatue (1957), Platz der Lourdesgrotte (1958), Rosenkranzweg (1958) sowie Piusstein, Annaplatz, Josefplatz mit Fischteich und Pergola, Babaraplatz mit Hochkreuz (alle 1959) und die Aufstellung der Annastatue auf dem Annaplatz (1960). In den 1960er Jahren folgten das Haus Hasenberg für Bildungsveranstaltungen (Eröffnung 1963), die Mehrzwecktribüne (1965), der Pavillon (1967) und das Blockhaus (1969); zu erwähnen sind außerdem Zeltplatz, kleiner Sportplatz, Waldlehrpfad, Gewächshäuser und zahlreiche Ruhebänke.
Seither dient der Hasenberg als Ort für Wallfahrten und Gottesdienste, Pfarrfeste und Fronleichnamsprozessionen, religiöse Bekenntnistage und weltliche Zeltlager, für besinnliche Spaziergänge und gemeinsame Feiern, als Naherholungsgebiet der Einwohner von Ensdorf und den umliegenden deutschen und französischen Ortschaften.
Topographie
Der Hasenberg liegt zwischen dem südlichen Ortsrand von Ensdorf und der Landstraße nach Griesborn. Von der Taubentalstraße ausgehend, gelangt man über einen Fußweg zunächst zu einem sich unterhalb des Hügels erstreckenden, großen, ebenen Rechteckplatz. Die geometrisch geformte und gärtnerisch gestaltete Fläche wurde ursprünglich durch sich im rechten Winkel kreuzende Wege in vier Kompartimente geteilt und erinnerte dadurch stärker an einen Barockgarten, als dies heute, da nur ein einziger Weg die Fläche durchschneidet, der Fall ist. Ein kleines Rondell mit einem 1955/56 ausgeführten Springbrunnen, entworfen von Gemeindebaumeister Willi Peter, akzentuiert die Mitte des Rechteckplatzes. Jenseits des Platzes setzt sich der Weg fort und es beginnt der Aufstieg zum Hasenberg. Vorbei an einem Kreuzweg mit Stationen aus schlichten Holzkreuzen, gefertigt von der Schreinerei Erich Gerwalin, wird der Besucher über einen Serpentinenweg allmählich den Hasenberg hinauf geleitet oder über den geraden Treppenweg direkt nach oben geführt. Während des Aufstiegs kann er auf Bänken pausieren und auf seitlich am Hang gelegenen Plätzen Einkehr halten. Während die als Plateau gestaltete Kuppe des Hasenberges der Heiligen Barbara, der Patronin der Bergmänner, gewidmet ist, stehen alle anderen Plätze in Verbindung zur Marienverehrung: Fatimaplatz und Lourdesplatz erinnern an die von der Amtskirche anerkannten Marienerscheinungen, der Annaplatz ist Marias Mutter, der Josefplatz Marias Ehemann und Ziehvater ihres Sohnes Jesus gewidmet. Der ebenfalls der Maria gewidmete Rosenkranzweg kreuzt den Treppenweg und verläuft auf halber Höhe im großen Bogen um den gesamten Hasenberg herum. Zugleich kann er als weitere Zuwegung zum Fatima- oder Lourdesplatz genutzt werden. Der steile Treppenweg schließlich führt als Fortsetzung der Hauptachse direkt zur Kapelle. Leicht erhöht auf dem Barbaraplatz errichtet, bildet sie die Krönung der Hasenberganlage.
Skulptur „Piusstein“
Albert Johannes Zapp, 1958
In der Nähe des Haupteingangs zum Hasenberg verweist der „Piusstein“ auf Papst Pius XII. (Pontifikat 1939-58), auf das von ihm proklamierte Marianische Jahr und somit auch auf die Initialzündung zum Bau der Kapelle und zur Ausführung der gesamten Hasenberganlage als Marienwallfahrtsstätte. Der aufrecht stehende, an den Rändern unregelmäßig behauene Sandstein trägt auf der planen, rau bearbeiteten Oberfläche in erhabenen Großbuchstaben die Inschrift „PIUS XII. / URSPRUNG / U. ANFANG / MARIANISCHES / JAHR / 1954“ und das Papstwappen. Der Name des Papstes und sein Portrait im Profil nach rechts erscheinen oben links als erhabenes Relief. Ausgeführt wurde der am 15. August 1959 eingeweihte Pius-Stein von dem Bildhauer Albert Johannes Zapp, der überdies mehrere Plätze und Skulpturen für den Hasenberg entworfen hat.
Fatimaplatz und Skulptur „Muttergottes von Fatima“
Albert Johannes Zapp, 1957
Mit seiner Lage an der Südseite des Hanges nimmt der 1957 eingerichtete Fatimaplatz Bezug auf das Sonnenwunder, das sich vierzig Jahre zuvor, im Jahr 1917 in dem portugiesischen Ort Fatima ereignet haben soll. Dort hatte die Gottesmutter Maria, nachdem sie mehrfach drei Hirtenkindern erschienen war, für ihre letzte Erscheinung ein Wunder angekündigt. An besagtem Tag wurde von mehreren tausend Menschen die Sonne als sich drehende Scheibe wahrgenommen und als wunderbare Erscheinung Mariens gedeutet. Für den Hasenberg arbeitete Albert Johannes Zapp eine Marienskulptur aus rotem Sandstein, die nach Süden, zur Sonne hin ausgerichtet ist. Abweichend vom gängigen Typ der lieblichen Figur der Muttergottes von Fatima, die den Rosenkranz hält, zeigt seine Interpretation eine eher herbe Erscheinung: Maria als etwa lebensgroße, stehende Frauengestalt von geschlossener Kontur, mit leicht gesenktem Kopf und in sich gekehrtem Blick, die den Rosenkranz nicht hält sondern den Rosenkranz betet.
Lourdesplatz mit Skulpturengruppe „Muttergottes und Bernadette“
Albert Johannes Zapp, 1958
1958 entstand am nördlichen Hang des Hasenberges, unterhalb des später errichteten Haus Hasenberg gelegen, der von Albert Johannes Zapp entworfene Lourdesplatz. Von Zapp stammt auch die Lourdesgrotte mit der Figurengruppe Muttergottes und Bernadette, auf welche die Platzanlage ausgerichtet ist. Eine halbhohe, aus dunklen, unregelmäßigen Natursteinen gesetzte Mauer begrenzt eine relativ große Rasenfläche. An der Ostseite führen drei Stufen auf ein mit gebrochenen Natursteinplatten belegtes Podest, das die Basis für eine große, im selben Stil wie die Mauer ausgeführte Nische bildet: die Lourdes- oder Mariengrotte. Die Inszenierung soll an die Höhle von Massabielle bei Lourdes in Südfrankreich erinnern, jene Stelle, an der 1858 – nur wenige Jahre nach Verkündung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis Mariens – die Muttergottes der vierzehnjährigen Bernadette Soubirous erschienen sein soll. Es ist bezeichnend für den künstlerischen Anspruch, der bei dem Aufbau des Marienwallfahrtsortes Hasenberg zum Tragen kam, dass man nicht auf die allgemein übliche Nachbildung der Grotte von Massabielle mitsamt einer Kopie der farbig gefassten Marienstatue, die der Bildhauer Joseph-Hugues Fabisch 1864 nach den Angaben der Heiligen Bernadette gefertigt hat, zurückgriff. Vielmehr entschied man sich für eine eigenständige Interpretation des Geschehens, das sich in Lourdes zugetragen hat. Die künstlerische Lösung fand Albert Johannes Zapp, indem er die Lourdesmadonna aus ihrer typisierten abgehoben-statuarischen Haltung befreite und eine Marienfigur schuf, die zur himmlischen Sphäre gehört und doch den irdischen Menschen wahrnimmt und anspricht. Die etwa lebensgroße, schlanke, leicht geneigte Skulptur aus hellem Sandstein scheint in der dunklen Nische zu leuchten. Auf der sich windenden Schlange stehend, wendet sich die Muttergottes mit geöffneten Händen der jugendlichen Bernadette zu, die, den Rosenkranz betend, links vor der Nische kniet und zu ihr aufschaut.
Annaplatz mit Skulptur „Mutter Anna als Erzieherin“
Albert Johannes Zapp, 1960
Oberhalb des Fatimaplatzes liegt ein kleiner Platz, der Marias Mutter Anna gewidmet ist. Neben einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg und sicher ganz bewusst in Kontrast zu diesem gesetzt, steht auf einem für die 1950er Jahre typischen Postament aus unregelmäßigen Riemchensteinen die Figurengruppe der Mutter Anna, die ihre Tochter Maria unterrichtet. Die sitzende Anna wendet sich dem vor ihr knienden Kind zu. Liebevoll berührt sie mit ihrer rechten Hand die Schulter der Tochter, während sie mit der geöffneten Linken ihrem Kinde zu bedeuten scheint, nach oben zu schauen. Maria blickt in kindlichem Vertrauen zu ihrer Mutter auf. Ähnlich wie bei seinen Statuen der Muttergottes von Fatima und Lourdes setzt Albert Johannes Zapp auch bei dieser – aus einem einzigen Block geschlagenen – Skulptur auf einfache, schnörkellose Formen, ruhige Konturen und konzentrierte Geschlossenheit. Dadurch gewinnt die Darstellung der Szene zwischen Mutter und Tochter eine anrührende Intimität.
Skulpturen „Hasen“
Oswald Hiery, 1959
Einen profanen Kontrast zu den religiösen Bildwerken setzen fünf Hasen aus Sandstein, die auf einem Rasenstück hinter der neunten Station des Kreuzweges aufgestellt wurden. Sie stammen von Oswald Hiery, einem aus Ensdorf gebürtigen, damals noch sehr jungen Künstler, der im Jahr zuvor für eine Tierdarstellung den renommierten Rembrandt-Bugatti-Preis der Stadt Antwerpen erhalten hatte. Der Preis erinnert an den italienischen Tierbildhauer Rembrandt Bugatti (1884-1916, Bruder des Automobilkonstrukteurs Ettore Bugatti), der – ebenso wie Oswald Hiery – einige Zeit in Antwerpen gelebt und gearbeitet hat.
Die Hasen sind als eine Zweier- und eine Dreiergruppe mit einigem Abstand zueinander angeordnet. Oswald Hiery hat die etwas überlebensgroßen Figuren aus Sandsteinblöcken herausgehauen. Jeder Hase zeigt eine eigene, für diese Tierart spezifische, jedoch leicht überspitzt dargestellte Haltung. So lassen sich die Hasen als der Witternde, der Ohrenstreichende, der Mümmelnde, der Entspannte und der Abgewandte beschreiben – Haltungen, die sich auch auf menschliche Verhaltensweisen übertragen lassen können. Vermutlich im Sinne ihres Schöpfers, der für seine beziehungsreichen, ironischen Anspielungen bekannt ist, lassen sich die Tierskulpturen als augenzwinkernde Hommage an die Namensgeber des Ortes verstehen: Hasenberg – Berg der Hasen.
Barbaraplatz
1959
Der Barbaraplatz, eine weite Fläche von unregelmäßiger Grundform, erstreckt sich auf der Kuppe des Hasenbergs. Hier finden Prozessionen ihren Abschluss und werden Gottesdienste unter freiem Himmel gehalten, nach hier kommt man zu Kundgebungen zusammen und hier trifft man sich, um Feste zu feiern. Die Widmung des Platzes an die Heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute, nimmt Bezug auf Ensdorf als Ort der Bergleute und auf die vielen Bergmannsfamilien, die ihre kleinbäuerlich genutzten Grundstücke zur Anlage der Wallfahrtsstätte gestiftet haben.
Im Zentrum des Platzes erhebt sich ein Hochkreuz, das am 20. September 1959, dem Tag der Schlussfeier der Wallfahrt zum Heiligen Rock in Trier, von Mitgliedern des örtlichen Bergmannsvereins in feierlicher Prozession von der Pfarrkirche in Ensdorf auf den Hasenberg gebracht und hier aufgestellt worden ist. Das Holzkreuz trägt die Inschrift: „Christus Sieger, König, Herrscher“. Der traditionsreiche Verein der Bergmänner, der sich unter dem politischen Druck während der NS-Zeit selbst aufgelöst hatte, war 1951 auf Anregung von Pastor Goergen als „Katholischer Bergmannsverein 1873 Ensdorf“ wieder gegründet worden. Inzwischen hat sich der Verein als „Berg- und Hüttenarbeiterverein ‚St. Barbara’ Ensdorf 1873 e.V.“ auch Nicht-Katholiken und Stahlarbeitern geöffnet.
Am nördlichen Rand des Barbaraplatzes wurde 1963 nach Entwurf von Willi Peter das Haus Hasenberg gebaut. Das Gebäude dient für Schulungen, Konferenzen, Besinnungstage und dergleichen.
Weil in christlichen Kirchen der Altar üblicherweise im Osten steht, errichtete man an der östlichen Grenze des Platzes eine um mehrere Stufen erhöhte Bühne. Bei Messfeiern unter freiem Himmel wird darauf der Altar aufgestellt. Damit die Heilige Messe auch bei Regenwetter zelebriert werden kann, stiftete das Bergwerk Ensdorf 1984 einen Streckenausbau, wie er in den Steinkohlegruben des Saarlandes untertage eingesetzt wurde: ein tonnenförmiges Metallgestänge, das an seiner Außenseite mit Blechen belegt ist, wölbt sich als schützendes Dach über die Bühne.
Als Standort für die von Kaplan Lorenz angeregte Kapelle wählte man den Südosten des Barbaraplatzes und richtete das Gebäude so aus, dass der Eingang zur Marienkapelle am Ende des von Ensdorf aufsteigenden Treppenweges liegt.
Kapelle „Maria Frieden“
Willi Peter, 1954-56
Die Kapelle wurde nach Plan von Willi Peter auf einer Aufschüttung errichtet und liegt daher etwas über das Niveau des Barbaraplatzes erhöht. Seit 1982 trägt sie den Namen „Maria Frieden“. Auf den ersten Blick erscheint die Kapelle als ein einfaches Gebäude, als ein schlichter verputzter Steinbau, der auf rechteckigen Fundamenten steht und ein mit Schiefer gedecktes Satteldach trägt. Das Bemerkenswerte des Bauwerks ist begründet in seiner Doppelfunktion als Marienkapelle und als Gedächtniskapelle. Willi Peter ordnete die beiden Kapellen als zwei unabhängige, übereinander liegende Räume mit separaten Eingängen an. Das Portal zur oberen, der Muttergottes Maria geweihten Kapelle befindet sich in der westlichen Giebelfassade. Zu diesem Eingang führen von drei Seiten Treppen hinauf. Die Eingangstüren zur unteren Kapelle oder Krypta, die dem Gedächtnis der Toten der Weltkriege und der Arbeit geweiht ist, liegen in der Fassade des östlichen Giebels. Treppenstufen, die in die bepflanzte Aufschüttung eingeschnitten sind, führen vom Barbaraplatz auf das tiefere Eingangsniveau der Unterkapelle herab.
Oberkapelle
Ein ungewöhnliches Vordach akzentuiert den Eingang zur oberen Marienkapelle. Vier kantig profilierte Pfeiler, eine Anmutung an kannelierte Säulen, tragen ein deutlich überstehendes, für die 1950er Jahre typisches Flugdach aus Stahlbeton, das über den Stützen zu schweben scheint. Seine Unterseite wird durch vertiefte und farblich gefasste, felderweise versetzt angeordnete Streifen in Quadrate unterteilt, was sowohl den Eindruck von Leichtigkeit verstärkt als auch textiles Gewebe assoziieren lässt. Das Vordach ist einem Tragehimmel für Prozessionen nachempfunden. Mit diesem ursprünglich als Hoheitszeichen für einen Monarchen dienenden Baldachin wird Marias Bedeutung als Königin des Himmels unterstrichen. Als Königin wird sie an der darüber aufsteigenden Giebelwand in dem farbigen Mosaik von Oskar Holweck gezeigt. Zeittypisch für die 1950er Jahre ist auch die zweiflügelige, gläserne Eingangstüre, die jüngst erneuert werden musste. Dabei hat man die für die 1950er Jahre so charakteristischen Flügelgriffe der Originaltüre wiederverwendet. Schmale Wandstücke bilden die seitlichen Begrenzungen. Sie sind durch runde, hochrechteckige und kreuzförmige Öffnungen durchbrochen und mit zartfarbigen Scheiben verglast, die den Eindruck von Leichtigkeit und Transparenz verstärken. Das Innere der Marienkapelle ist ein flach gedeckter Saalbau. In die Wände der Längsseiten sind die farbigen Fenster von Jacques Le Chevallier und August Deppe eingelassen. Eine halbrunde Nische in der östlichen Stirnwand dient als Raum für das Andachtsbildwerk und den Altar – ein direkt an die Nischenwand gemauertes Postament für die Plastik „Mutter-Königin zeigt Jesus, den Christus“ von Heinrich Kirchner und davor der etwas niedrigere, eingezogene Altartisch; beide aus dunklen Natursteinen gemauert, mit Deckplatten aus poliertem dunkelgrünem Marmor versehen und indirekt von oben belichtet.
Oberkapelle, Fassadenmosaik „Maria Königin“
Oskar Holweck, 1956
Für die Giebelwand über dem Eingang zur Oberkapelle schuf Oskar Holweck das Mosaik „Maria Königin“. Maria als Königin zu bezeichnen, geht auf eine lange Tradition und Frömmigkeit in der katholischen Kirche zurück, auf die sich Papst Pius XII. bezog, als er zum Abschluss des Marianischen Jahrs 1953/54 das Fest Maria Königin einführte (Gedenkirche 2013, S. 34). Holwecks Fassadenbild zeigt in Frontalansicht die gekrönte Gottesmutter. Ihre Rechte hält das Zepter, ihre Linke ist zum fürbittenden Gebet nach oben geöffnet. Maria ist königlich gekleidet in ein bodenlanges, blaugrundiges Gewand mit kleinen Einsprengseln aus Grün und größeren Partien aus Goldgelb und Rot. Dieser Farbklang wiederholt sich bei den sechs geflügelten Wesen, die als Dreiergruppen die Hauptfigur links und rechts begleiten. Dem Bedeutungsmaßstab gemäß deutlich kleiner als Maria, hat Holweck die Engel in einer anbetenden Haltung dargestellt, die zwischen Knien und Schweben oszilliert. Gearbeitet ist das Mosaik aus glasierten Keramikstücken von sehr unterschiedlichen Größen und Formen. Als problematisch für die Wahrnehmung des Mosaikbildes erweist sich das Baldachin-Vordach, da es – je nach Standort des Betrachters – kleinere oder größere Partien des Mosaiks verdeckt und den Blick auf die Komposition in ihrer Gesamtheit verwehrt.
Oberkapelle, Fenster „Marienleben“
Jacques Le Chevallier, 1956
Die Nordwand der Marienkapelle wird von dem großen, leicht nach Außen vorspringenden, fast quadratischen Fensterbild von Jacques Le Chevallier bestimmt (2,72 x 2,87 m). Da die Nordseite aufgrund ihres Lichtmangels der am wenigsten geeignete Ort für farbige Glasbilder ist, entschied man sich hier für ein aus farbigen Dickglasstücken mosaikartig zusammengesetztes Betonfenster, welches das Licht in besonderer Art einfängt. Thema der Darstellung sind herausragende Stationen aus dem Leben der Gottesmutter, die Le Chevallier in einer einzigen Bildkomposition beschreibt: Verkündigung, Geburt und Tod des Sohnes sowie Marien Krönung. Maria, die zentrale in einen Umhang von marianischem Blau gehüllte und auch von marianischem Blau umgebene Gestalt, hält mit geöffneten Händen betend die Arme vor der Brust gekreuzt. Von rechts oben nähert sich ihr der rot gewandete Verkündigungsengel, eine weiße Lilie in der Hand haltend und auf den Heiligen Geist deutend, der als weiß-gelbe Taube über Maria schwebt. Rechts unten strahlt über der Krippe der Stern von Bethlehem, womit auf die Geburt des Gottessohnes verwiesen wird, während die beiden hinter Maria in Rot aufleuchtenden Schmerzenswerkzeuge Dornenkrone und Kreuz sein Martyrium und seinen Tod symbolisieren. Eine in Weiß, Gelb und einem kräftigen Akzent Blau gefasste Krone schließlich, die Le Chevallier rechts oben in das Bild gesetzt hat, kündet von Marias Krönung zur Himmelskönigin.
Oberkapelle, Fenster „Schmerzen Mariens“
August Deppe, 1956
In den oberen Teil der Südwand ist ein fünfteiliges Fensterband eingeschnitten, dessen Gliederung durch überlange, keilförmige Fensterstöcke aus Stahlbeton am Außenbau eine deutliche Betonung setzt. August Deppe entwarf fünf Bleiglasfenster, die dieser baulichen Situation angepasst sind und von der Ensdorfer Firma Heinrich Göttker ausgeführt wurden (1,30 x 6,12 m). Thema sind die sieben Schmerzen Mariens, von denen jedoch nur die ersten fünf veranschaulicht werden. Die bildhafte Erzählung beginnt im Eingangsbereich der Kapelle mit der Darbringung Jesus im Tempel. Flankiert von Simeon und Hannah, steht Maria, ihren Sohn Jesus auf dem Arm tragend, im Zentrum der Szene. Ein großes Schwert spielt auf die Weissagung des Simeon an, dass auch Jesus’ Mutter ein Schwert durch die Seele dringen werde – Marias erster Schmerz. Es folgt als zweiter Schmerz das Bild der Flucht vor dem Kindermörder Herodes nach Ägypten. Auf dem dritten Fenster wird als nächster Schmerz dargestellt, wie Maria und Josef nach dreitägiger, sorgenvoller Suche ihren zwölfjährigen Sohn Jesus im Tempel wiederfinden. Der vierte Schmerz ist Marias Begegnung mit ihrem Sohn auf dessen Weg zur Kreuzigung. Im letzten Fenster der Reihe wird Marias Ausharren unter dem Kreuz als fünfter Schmerz in eine Bildform gebracht. Es fehlen mit der Kreuzabnahme und der Grablegung Jesu die beiden letzten Schmerzen Mariens.
August Deppe hat seine Fenster für die starken Lichtverhältnisse an der Südseite konzipiert. Die Szenerien spielen sich vor bunten, bildlosen, kleinteilig wie Flickenteppiche zusammengesetzten Hintergründen ab, die auf den jeweiligen Bildgegenstand abgestimmt sind. Insgesamt bevorzugte Deppe kleine Glasscheiben von kräftigen Farben, wodurch seine Fensterbilder bei Sonnenlicht eine intensive Leuchtkraft entwickeln, ein bezauberndes Farbenspiel entfalten und zu eindringlichen Andachtsbildern werden.
Oberkapelle, Plastik „Mutter-Königin zeigt Jesus, den Christus“
Heinrich Kirchner, 1955
In der apsisähnlichen Nische steht auf dem Postament hinter dem Altartisch das Gnadenbild „Mutter-Königin zeigt Jesus, den Christus“ – „Ziel und Schwerpunkt“ (Goergen) der gesamten Hasenberganlage. Die fast lebensgroße, golden schimmernde Bronzeplastik ist eine 1954 entstandene Arbeit von Heinrich Kirchner (140 x 122 x 35 cm, Werkverzeichnis Nr. 120), die im gleichen Jahr auf der „Internationalen Ausstellung Christlicher Kunst“ in Wien zu sehen war. Es existieren weitere Fassungen; eine davon wurde 1958 auf der Münchener Ausstellung „Bild und Gleichnis“ gezeigt und mehrfach in Feuilletons großer Tageszeitungen sowie in verschiedenen Zeitschriften vorgestellt. Die auf dem Hasenberg zur Andacht aufgestellte Bronzefigur ist der Erstguss aus der Urform, dem offenbar weitere, in Details von einander abweichende Güsse folgten. So begegnet man beispielsweise in der Pfarrkirche Heilig Geist zu Oberjoch (Katholische Pfarreiengemeinschaft Bad Hindelang) einer fast identischen Fassung des Bildwerks „Mutter-Königin zeigt Jesus, den Christus“, und das Werkverzeichnis Kirchner führt ein weiteres Exemplar in St. Ottilien bei München an.
Kirchner schuf ein Madonnenbildnis, das gängige Darstellungen hinter sich lässt und allgemeine Sehgewohnheiten irritiert, indem er Maria zugleich in einer seitlichen, ihre Kniebeuge vor Jesus wiedergebenden Stellung und einer frontalen, Jesus präsentierenden Haltung abbildet. Marias Gewand, das über ihr angewinkeltes rechtes und ihr gestrecktes linkes Bein fällt, modellierte der Bildhauer zu einer Art Sockel und verlieh dadurch der Figur eine blockhafte Standfestigkeit. In Kontrast gesetzt zu dieser ruhenden Verdichtung und irdischen Schwere sind die beiden zarten Arme Marias, die sie bogenförmig über das gebeugte Knie führt, um Jesus in die Höhe zu halten. Kaum von der Mutter berührt, scheint das göttliche Kind zwischen den Fingern ihrer schlanken Hände zu schweben. Unterhalb der kleinen Figur verweist der Künstler, indem er das Gewand der Mutter schoßartig über ihr gebeugtes Knie drapiert hat, auf die irdische Geburt des Gottessohnes hin. „ZEIGE UNS DIE GEBENDEITE FRUCHT DEINES LEIBES JESUS “ lautet die in die angedeuteten Schüsselfalten des Kleides eingeritzte Inschrift. Das Kind, von schmaler Gestalt und mit dem Kreuznimbus als göttlich bezeichnet, trägt in den Händen das Kreuz als Hinweis auf seinen künftigen Erlösertod. Die Mutter, durch die Krone als Königin erkennbar, zeigt der Welt ihren Sohn, den Erlöser, und kniet zugleich in Ehrfurcht vor ihm nieder. Anfangs stand das Bildwerk in der geometrischen Mitte des Altars, doch wurde es von Heinrich Kirchner, als er den Hasenberg besuchte, so weit nach rechts gerückt, dass nun die Figur des Jesus im räumlichen und damit im inhaltlichen Zentrum steht (vgl. Hessedenz 2004, S. 28).
Josef Goergen, der das Bildwerk für den Hasenberg ankaufte, gibt die theologische Erklärung: „In der majestätischen Mächtigkeit Mariens wird erkennbar, wie ein Künstler sich den in der christlichen Heilsdeutung höchst wirksamen Gedanken der Mutterschaftlichkeit zu eigen macht und sich an seiner Gestaltung abmüht. Wie die Urmutter Eva als Mutter aller Adamiten, also aller Erlösungsbedürftigen, gilt, so gilt Maria, die Mutter Jesu als zweite Eva, als Urmutter aller Erlösten, als Mutter und Bild der Kirche. Diese biologische und zugleich theologisch-mystisch gedeutete Mutterschaftlichkeit wird vom Künstler veranschaulicht durch das Mittel überdimensionierter und urtümlicher Mächtigkeit. Diese als Mutter und Repräsentantin der erlösten Schöpfung und Welt gestaltete Frau vollzieht in ihrer Kniebeuge persönlich und stellvertretend für alle Welt jenen Akt, der allein als gültiger Ausdruck der geschuldeten Unterwerfung der Schöpfung unter den im Erlöserherrn sichtbar und wirksam gewordenen Schöpfergott gelten kann. Hier wird vollzogen, was von den Stammeltern verweigert worden ist. Hier wird vorgeführt, was die erlöste Kreatur ihrem Gott, der als Gott der Macht, der Liebe und des Erbarmens ihr in Christus sichtbar geworden und nahegekommen ist, schuldig ist. Diese Maria, diese Mutter und neue Eva, zeigt also in anbetender Stellung und mit ausdruckstarker Geste aller Welt den Erlöser Jesus Christus und zwar in den Ausmaßen eines Kindes, aber mit dem Ausdruck und den Insignien des Welterlösers. Kind dieser Erde, Kind einer irdischen Mutter ist er, durch die göttliche Erlösungskraft seines Kreuzes nach Gottes Willen und Erbarmen aber ist er das Heil für alle Welt. Das ist die gute Botschaft, die Maria, die Mutter, aller Welt anbieten will. Immerfort und bevorzugt im Dienst solcher Verkündigung stehend, strahlt sie in majestätisch verhaltenem Lächeln jene Seligkeit aus, die denen zuteil wird, die gleich ihr allein setzen auf Jesus Christus, das einzige Heil der Welt. Das allein meint der Künstler, wenn er dem Gewand der Madonna eingeschrieben hat: ‚Zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht Deines Leibes!’ Es ist mir keine Plastik im Raume der christlichen Kunst bekannt, in der diese Grundgedanken christlicher Weltdeutung so eindrucksvoll und konzentriert Gestalt geworden sind. Hier von Verhöhnung oder Gotteslästerung zu sprechen, wie es hier und da geschehen ist, beweist eben nur Unverständnis.“ (Goergen 1968, S. 176-177)
Und Josef Goergens Bruder Aloys Goergen, der wichtige Kritiker und Anreger für den Bildhauer Heinrich Kirchner, schreibt 1958 in seiner Einleitung zum Katalog der Münchener Ausstellung „Bild und Gleichnis“, zu deren Exponaten Kirchners Madonna gehörte, über „das Bildwerk und seine Aussagen“: „Der künstlerische Akt liegt nicht in der formalen Lösung, sondern in der Sichtbarmachung der neuen Erfahrung. Im künstlerischen Werk muss die Wahrheit aufleuchten, unverbraucht und ergreifend. Nur so schafft sie Überzeugung. Auf dieses Ziel hin ist die Erfindung und Anwendung jedes formalen Mittels gestattet. Die Form, wie immer sie sei, muss zur Transparenz gebracht werden, damit die sinnliche Erfahrung der Wahrheit im Stoff sich ereignen kann. (...) Kein Bild der christlichen Kunst ist durch ein ästhetisches Prinzip legitimiert, sondern nur insofern, als in ihm jener Andere durchscheint, den es als gegenwärtig zu bezeugen gilt. Sein über alle Zeiten gültiger Name ist: ‚Der Ich bin da’ (2 Mos. 3, 14).“
Oberkapelle, Altarkreuz
Johannes Dumanski
Bei der Anschaffung des Altarkreuzes fiel die Wahl auf eine Arbeit von Johannes Dumanski, einem Schüler von Heinrich Kirchner, der in den 1950er Jahren viel für die Ausstattung katholischer Kirchen gearbeitet hat. Sein vielleicht bekanntestes religiöses Bildwerk ist das Bronzerelief „Flucht nach Ägypten“, 1960, aufgestellt im hinteren Teil des Ehrenhofes der Katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum zu Berlin, die 1960-63 als „Gedächtniskirche der deutschen Katholiken“ den „Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit während der NS-Zeit“ gewidmet ist. Dumanskis Altarkreuz auf dem Hasenberg ist ein weiteres Beispiel für die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Der Künstler entwarf ein bronzenes Kreuz, dessen Standfuß als oberer Teil eines Fischkopfes mit weit geöffnetem Maul geformt ist, erkennbar an der bogenförmigen Oberlippe und den kleinen, mit Blau eingelegten Fischaugen. Die Augenwülste leiten über in das Kreuz mit dem Corpus Christi, einer weich gearbeiteten Figur, deren Körper, Körperhaltung und Proportionen vom Sinngehalt abgeleitet und nicht der Natur nachgebildet sind: in ein körperanliegendes Gewand gekleidet, mit angezogenen Knien, kurzen Armen und übergroßen Händen ist Jesus am Kreuz nicht als Hängender sondern als Thronender wiedergegeben. Die theologische Deutung gibt Josef Goergen, der schreibt: „Das Standkreuz in Bronce (...) ist ein Versuch, aus bibeltheoretischen Vorstellungen heraus den erhöhten und wiederkommenden Herrn Jesus Christus darzustellen. Das geöffnete halbe Fischmaul weist auf die Jonasgeschichte hin, die als altbundliche Ankündigung der Auferstehung des Messias Jesus verstanden wird. Das große Kreuz dient als Thronsitz des Erbarmers, der gerade daran ist, sich zu erheben, um zu kommen die Seinen zu umarmen. Die übergroßen Hände deuten darauf hin, daß die Umarmung alle Wesen umgreifen will.“ (Goergen 1968, S. 178)
Unterkapelle
Brunnenmosaik von Karl Michaely, Tontafeln von Albert Johannes Zapp, Fenster von Rudolf Schillings, 1956
Zwei schlichte Holztüren Türen links und rechts an der Ostseite der Kapelle erschließen die Unterkapelle, die dem Gedächtnis der Toten gewidmet und für die stille Andacht ausgelegt ist. Treppen geleiten hinunter auf ein gemeinsames Podest. Hier findet sich der 1954 gesetzte Grundstein und von hier weicht ein schmaler Gang ab. Er erschließt links und rechts gelegene kleine abgeschlossene Nebenräume (Sakristei, WC, Abstellraum) und führt in einen offenen, querrechteckigen Raum, den Nukleus der Hasenberganlage – die Gedächtniskapelle. Das erste, was der Besucher erblickt, ist ein weiteres großes, bronzenes Bildwerk von Heinrich Kirchner: die Pietà. Sie ruht auf einem Postament, dessen helle, gelbliche Natursteine mit den dunklen, grauen Naturplatten des Fußbodens kontrastieren und einen runden Quellstein umschließen. Er speist einen kleinen, vertieft in den Boden eingelassenen Brunnen. Sein Becken ist mit Kleinmosaik ausgelegt, auf dem Grund zeigt sich die Darstellung von drei Fischen, dem frühchristlichen Symbol für die Christen. Das Mosaik stammt von dem saarländischen Künstler Karl Michaely.
In die geweißelten Wände der Krypta sind 18 gebrannte, unglasierte Tontafeln eingelassen. Ihnen eingeschrieben sind die Namen der Opfer des Zweiten Weltkriegs – die Gefallenen, Vermissten und durch Kriegseinwirkung Gestorbenen der Gemeinde Ensdorf. Die Tontafeln sind als unregelmäßige, mal ins Längliche, mal ins Quadratische spielende Platten mit abgerundeten Ecken gestaltet und zusätzlich mit kleinen Weihwasserbecken versehen. Auch diese leichten, unprätentiösen Formen sind charakteristisch für die Kunstepoche der 1950er Jahre, in der sich die Künstler bewusst von dem Pomp des ins Heroische und Gigantische gesteigerten Klassizismus der vorangegangen NS-Diktatur abgrenzten. Albert Johannes Zapp hat die Tontafeln entworfen und ausgeführt. Eine weitere Besonderheit der Gedenkstätte Hasenberg ist das Fehlen des für Soldatendenkmäler und Ehrenmale sonst obligatorischen „Eisernen Kreuzes“ – dies umso mehr, als die Zivilgemeinde Ensdorf sich mit erheblichen Geldmitteln an der Ausstattung der Gedenkkapelle beteiligte. Die Symbolik konzentriert sich ausschließlich auf den christlichen Glauben der Erlösung und Wiederauferstehung in Christus. Dies kommt auch in den sechs kleinen Fenstern zum Ausdruck, die, jeweils drei nebeneinander an den Schmalseiten unter der Decke liegend, von dem Trierer Künstler Rudolf Schillings entworfen wurden und Motive aus der Geheimen Offenbarung mit Symbolen aus frühchristlicher Zeit zeigen: „Die Taube als Zeichen für die dem Körper entweichende und himmelanstrebende Seele, die Kreuze als Erwählungsmale (die „Bezeichneten“), Palme und Krone als himmlische Siegestrophäen.“ (Goergen 1968, S. 179)
Unterkapelle, Plastik „Pietà“
Heinrich Kirchner, 1956
Die breite, von einem Stichbogen überfangene Nische in der West-Wand bietet den Rahmen für die fast lebensgroßen Pietà. Wie ihr Gegenstück in der Oberkapelle stammt das Bildwerk von Heinrich Kirchner (143 x 102 x 50 cm, Werkverzeichnis Nr. 132). Auch hierbei handelt es sich um einen Bronzeguss von matt golden schimmernder Oberfläche und auch dieses Mal fand Kirchner eine Gestaltungsart, die von den bekannten Darstellungsweisen der Pietà abweicht. Marias Körperlichkeit verschwindet unter ihrem weiten Gewand und dem Umhang, mit dem sie ihren Kopf bedeckt hat und der einen schützenden Hintergrund bildet, die Kontur der Figur schließt und den Eindruck von Verhüllung, Trauer und einsamem Schmerz hinterlässt. Die Trauernde scheint aufrecht zu stehen, wofür ihre Proportion im Verhältnis zu Christus spricht. Jedoch gelingt es Kirchner durch leichte Modellierungen in Kniehöhe und am Gewandsaum zugleich auch eine Sitzhaltung anzudeuten. Die Mutter hält ihren toten Sohn im Schoß. Sie zieht seinen starren, schräg zur Seite kippenden Leichnam an sich, stützt ihn mit ihrem Körper und hält ihn mit ihren Händen im Gleichgewicht, indem sie mit ihrer Linken ihn unter der Achsel fasst und mit der Rechten seinen Oberschenkel berührt. Überlang hängt Christi linker Arm herab, während der andere in der Position der Kreuzigung erstarrt ist und an der Mutter Busen ruht. Sein ungelenker, fast hölzern wirkender Leichnam trägt die Wundmale des Martyriums, sein Kopf ist mit einer Reifkrone gekrönt. Übergroß und rund treten bei Mutter und Sohn die Augen hervor, verstärken den Eindruck von Trauer und Tod und scheinen zugleich Spiegel ihrer unsterblichen Seelen zu sein.
Heinrich Kirchners Erfahrungen während der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges bewogen ihn, seine Aufgabe als Bildhauer neu zu definieren: statt Abbilder zu erschaffen, suchte und formte er nun sinnhafte Bilder, die auch seine humanistisch-katholische Religiosität zum Ausdruck bringen sollten. So entstanden „eher Sinnbilder als reale Gestalten, von stammelndem Ausdruck, doch nicht ohne eine gewisse Magie, wie sie auch von naiven Werken der Volksfrömmigkeit gelegentlich ausgehen kann.“ (Lexikon der modernen Plastik, S. 181)
Unterkapelle, Fassadenmosaik „Auferstehung“
Oskar Holweck, 1956
Die östliche Eingangsfassade ist für ein Fassadenbild deutlich besser geeignet als die westliche, die von dem Baldachin überschnitten wird. Daher wurde die östlich angrenzende Brunnenanlage mit den Sitzbänken speziell zu dem Zweck angelegt, das Mosaik über dem Eingang zur Unterkapelle in Ruhe und Einkehr betrachten zu können. Und so wächst dem großen Wandmosaik auch die Bedeutung eines Andachtsbildes zu. Für den entwerfenden Künstler stellte die weite Wandfläche unter dem Giebel eine Herausforderung dar. Thematisch ist die Darstellung auf die dem Totengedächtnis gewidmeten Unterkapelle abgestimmt und führt den dort in den Fenster symbolisch ausgedrückten Glauben der christlichen Erlösung weiter. Holwecks Mosaik zeigt den vom Tode auferstehenden Christus. Die sehr große, sehr schlanke, ätherisch wirkende Figur scheint geradezu über der Grabkammer – der Künstler hat sie durch ein dunkles Rechteck angedeutet – zu schweben. „Der übergroße Standfuß“, der noch die Gruft berührt, „soll hinweisen auf den Christus, der aus eigener Kraft aus dem Grab als Heiland und Sieger sich erhebt und lebt“ (Goergen 1968, S. 180). Christus hat die Arme im Segensgestus erhoben und zeigt die Wundmale an seinen Händen. Gekleidet ist er in ein rot-blaues Gewand mit einem Überwurf, der durch die vielen kleinen hellen Mosaiksteinchen wie eine Silbergaze wirkt und das Göttliche des Auferstandenen unterstreicht. Rechts neben Christus steht ein ebenfalls in silbrig schimmerndes Gewebe gewandeter Engel. Mit beiden Händen hält er den Verschlussstein der Grabkammer, den Holweck als ein kleineres dunkles Rechteck mosaiziert hat. Auf der linken Seite des Wandbildes sieht man die drei Frauen, die gekommen waren Christi Leichnam zu salben. Unverrichteter Dinge entfernen sie sich vom leeren Grab. Oskar Holweck hat die drei weiblichen, von weiten Gewändern umhüllten Gestalten gestaffelt angeordnet, ihnen eine gemeinsame, blockhaft-geschlossen wirkende Kontur verliehen und dadurch in Kontrast gesetzt zu den vielförmig-offenen Konturierungen der beiden anderen Figuren. Auch die dunklere Farbigkeit der Frauengewänder und die vielen darin zum Einsatz gekommenen großen Stücke von Bruchmosaik unterstreichen den Unterschied zwischen den „schweren“ irdischen und den „leichten“ himmlischen Gestalten.
Die beiden Fassadenmosaike für die Kapelle Maria Frieden sind die letzten figürlichen Darstellungen im Werk von Oskar Holweck. Er übernahm anschließend die Leitung der Grundlehre an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk Saarbrücken und widmete sich fortan der künstlerischen Auseinandersetzung mit Materialien, vornehmlich mit Papier.
Unterkapelle, unausgeführter Fensterentwurf
Oskar Holweck, 1956
Da Holwecks endgültige Abwendung vom Figurativen zeitlich zusammenfällt mit seinen Aufträgen für den Hasenberg, so mag es nicht verwundern, dass er für die Fenster der Unterkapelle einen Entwurf lieferte, der sich jeder Bildhaftigkeit verweigerte und stattdessen einen experimentellen Umgang mit Material bevorzugte. Es verwundert aber auch nicht, dass dieser Entwurf, der nicht in das auf figürliche christliche Symbolik eingestimmte Gesamtkonzept des Hasenbergs passte, von den Auftraggebern verworfen wurde. Die Idee zu diesen Fenstern ist überliefert: Holweck „wollte eine Verglasung aus durchscheinenden, in Beton gefassten Kieselsteinen einsetzen. Deren mattes Licht sollte auf Bunker und die Grauen des Krieges verweisen. Ihm kam die Idee dazu aus der Erinnerung der eigenen Kriegserlebnisse, als er beobachtete, wie gefallene Soldaten teils mit geöffneten Augen ohne Särge oder Leintücher einfach nur verscharrt wurden. Er stellte sich vor, wie das Restlicht während der Bestattung durch die auf sie geworfene Erde immer noch in die Augen drang und wollte so mit den ebenfalls nur Restlicht abgebenden Fenstern an seine Kameraden erinnern.“ (Bertazzoni, 2004, S. 44)
Später griff Holweck die Idee wieder auf und stellte als Lehrer der Grundlehreklasse an der Kunstschule Saarbrücken seinen Schülern die Aufgabe, Kieselsteinfenster zu entwerfen. „Die Ergebnisse wurden dann im Flur der Schule vor die Fenster gehängt und übten dort, laut Holweck, eine nicht geringe Faszination bei den vorbeilaufenden Betrachtern aus. Darüber hinaus nahmen sie für den späteren Verlauf für Holwecks Auftragsarbeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle ein.“ (Bertazzoni, 2004, S. 44)
1954-2014 – 60 Jahre Hasenberg
Das Marianische Jahr 1953/54 – wie auf dem „Piusstein“ geschrieben Ursprung und Anfang der Hasenberganlage – liegt nun 60 Jahre, zwei Generationen, zurück. Vieles hat sich seither verändert. Es ist ruhiger geworden auf dem Hasenberg, aus den Anpflanzungen ist ein Forst erwachsen und manche Feier scheint eher profaner als sakraler Natur zu sein. Die meisten der Protagonisten, die das Gesamtwerk Hasenberg schufen, leben nicht mehr. Mitgliederschwund, nachlassende Kirchenbesuche, spärlich fließende Kirchensteuer – die Probleme der katholischen Kirche in Deutschland sind auch in Ensdorf spürbar. Die Pfarrgemeinde St. Marien wurde mit St. Peter in Bous zu einer Pfarreiengemeinschaft vereinigt, für die der Hasenberg immer mehr zum Kostenfaktor gerät. Vor zwei Jahren, am 30. Juni 2012 ging mit der Abschiedsfeier, dem offiziellen Festakt und der Mettenschicht auf dem Gelände des Bergwerks Saar an der Schachtanlage Duhamel in Ensdorf auch der Steinkohlebergbau an der Saar zu Ende und damit eine lange, die Region prägende Epoche. Für Vieles, was die Menschen in den 1950er Jahren dazu bewegte, ihre Grundstücke zu stiften, für die Anschaffung der Kunstwerke zu spenden und sich mit persönlichem Einsatz bei der Erbauung und dem Unterhalt der Gedenk-, Wallfahrts- und Erholungsstätte Hasenberg zu engagieren, hat sich der Sinn weitgehend verflüchtigt. In der Kapelle Maria Frieden werden zum Schutz vor Diebstahl und Vandalismus wertvollere Gegenstände wie bronzene Leuchter oder das Altarkreuz von Johannes Dumanski weggeschlossen und nur für die selten gewordenen Messfeiern hervorgeholt und aufgestellt. Und doch gibt es noch immer ehrenamtliche Helfer und Helferinnen, welche die Verantwortlichen der Pfarrei und den hauptberuflich tätigen Gärtner – den letzten im Bistum Trier – bei den anfallenden Arbeiten auf dem Hasenberg unterstützen und dazu beitragen, den Hasenberg mit seiner im Bergmännnischen und in der Volksfrömmigkeit verwurzelten Tradition als Zeugnis der Industriekultur an der Saar und als Ort sakraler Kunst der 1950er Jahre zu bewahren.
Oranna Dimmig
Bibliografie (Auswahl)
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: