Jo Enzweiler, 1970
geweißte Hüttensteine, 3,50 x 20,00 m
Großer Musiksaal, Hochschule für Musik Saar Saarbrücken, Bismarckstr. 1
1970 fertigte Jo Enzweiler für den Neubau der Musikhochschule des Saarlandes ein großformatiges Wandrelief. Mit der Wandgestaltung für die Musikhochschule begann eine Serie von Reliefarbeiten, die Jo Enzweiler für öffentliche Gebäude anfertigte. Die Musikhochschule des Saarlandes wurde von dem Architekten Heinrich Latz entworfen und in den Jahren 1970 bis 1973 durch das Staatliche Hochbauamt Saarbrücken realisiert. Das Relief an der Außenwand des großen Musiksaales der Hochschule markiert das Herzstück der musischen Bildungseinrichtung. Die Arbeit misst 3,50 x 20, 00 m und ist von zwei Türfronten durchbrochen, welche in das Innere des Musiksaales führen. Der Saal wird für Lehrveranstaltungen, Vorspiele, Prüfungen, Proben, aber auch für musikalische Aufführungen vor Publikum genutzt. Der Musiksaal wird über einen Umgang erschlossen, der ein großzügiges, begrüntes Atrium einfasst, welches von Studierenden und Lehrenden als Ort der Entspannung und Ruhe genutzt wird. Das Relief erstreckt sich über eine Seitenlänge dieses Umganges, dessen verglaste Wandflächen den Blick auf das Atrium frei geben.
Das Relief aus geweißten Hüttensteinen zeigt geometrische Formen. Die Oberflächenstruktur der gemauerten Steine überzieht die gesamte Fläche mit einem gleichförmigen Raster. Eine solche Strukturierung von Flächen konnte bereits an zahlreichen Werken verschiedener Werkgruppen des Künstlers beobachtet werden. Anders als bei den zweidimensionalen Werken des Künstlers entstehen die Formvariationen bei diesem Relief nicht innerhalb des Rasters, sondern durch die Höhenstaffelung der einzelnen Rasterelemente, d.h. der einzelnen Hüttensteine. Der Blick des Betrachters wird somit entlang der ‚Höhenlinien’ des Reliefs geleitet. Die gesamte Komposition bezieht sich auf das stereometrische Hauptelement im Zentrum des Reliefs. Das Motiv der dreifach gebrochenen Schrägen, die ebenso oft die Richtung wechselt, wird vom Zentrum zu den beiden Seiten hin zunehmend variiert und reduziert. Das Relief fordert die Augen der Betrachtenden geradezu auf, den pfeilartig angeordneten Formvariationen zu folgen. Jo Enzweiler gelingt es so, mit seiner auf dem Prinzip von Rasterform und Formvariationen beruhenden Bildsprache die Rezipierenden zum "Lesen" zu animieren.
Im Kontext der Musikhochschule realisiert, lassen sich in der Werkgestaltung Parallelen zu musikalischen Kompositionen ziehen. Die Rhythmik, die in der Musik von besonderer Bedeutung ist, lässt sich auch als Grundprinzip des Enzweiler’schen Reliefs hervorheben. Das der Komposition zugrunde liegende Raster ließe sich – übertragen auf die Begrifflichkeit musikalischer Kompositionen – mit dem fortwährenden Taktschlag des Metronoms vergleichen, die wechselnden, diagonalen Formen umschreiben den Melodiefluss. Neben diesen inhaltlichen Vergleichspunkten zwischen Musik und bildender Kunst greift der Künstler mit der Konzeption des Reliefs die räumlichen Gegebenheiten auf. Die variierenden Formelemente lassen sich zu thematischen Gruppen bündeln, die mit der rhythmisierenden Rahmung des gegenüberliegenden Fensterbandes korrespondieren. Der Bewegungskreislauf, der entlang des Umgangs um das Atrium geleitet wird, ist in der Wandgestaltung thematisiert. Das Relief Jo Enzweilers fordert heraus, nicht nur mit den Augen der Formvariation zu folgen, sondern leitet auch dessen Weg zum zentralen Funktionsort des Baukörpers, wie Eugen Gomringer treffend formulierte: »Der optischen Führung des Künstlers folgt einmal mehr der Verführte.«
Bibliografie
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: