Von den Skulpturen antiker Bildhauer wie Polyklet oder Phidias bis hin zu den Aktstudien an zeitgenössischen Kunsthochschulen – der nackte Mensch ist schon immer ein wesentliches Sujet bildkünstlerischer Gestaltung. Es gilt, den menschlichen Körper zu verstehen – seine Bewegungen, Formen und anatomischen Zusammenhänge nachzuvollziehen.
Doch der Nacktheit folgt die Interpretation. Das Darstellen von teils oder völlig unbekleideten Körpern erscheint stets im Spiel zwischen Verführung und Provokation, zwischen objektiver Wahrnehmung und subjektiver Wertung im gesellschaftlichen Rahmen.
Leonie Sina Stark
Redaktion: Petra Wilhelmy
„Daphne bricht aus“ schrieb Ulrike Rosenbach auf ihre Zeichnung, die als Grundlage für die Druckgrafik von 1989 diente. Mit ihrem „Beuys-Stil“, wie sie selbst die von ihr verwendete, an Werken ihres Lehrers orientierte Zeichentechnik benennt, gelingt ihr ein intuitiver, gefühlvoller Ausdruck. Aus feministischer Perspektive führt sie die mythologische Geschichte von Daphne und Apoll zu Ende. Ursprünglich verwandelt sich die Nymphe Daphne in einen Lorbeerbaum, während sie ihrem Vergewaltiger Apoll entflieht. Ihr Vater, der Flussgott Peneios, rettet seine Tochter, indem er sie zu einem Baum erstarren lässt. Rosenbach ermöglicht in ihrer Zeichnung nun Daphne den Ausbruch aus ihrem Fluch: Der Frauenakt steigt aus dem Stamm heraus. Im Kontrast aus prägnanten Rottönen und leblosem Schwarz komponiert die Künstlerin ein Spiel aus Mut, Wut und Kraft.
Eine Strandszene, die Fernweh auslöst: Edvard Frank zeigt in seinem Aquarell einen Frauenakt in entspannter, schlafender Position auf einem Ensemble blauer Textilien. Wie durch den Blick einer Guckkastenbühne präsentieren sich Meer und Himmel im Hintergrund, flankiert von diversen Farbflächen, die Theatervorhängen gleichen. Als Pendant zu dem liegenden Akt im Vordergrund ragt am rechten Bildrand der Rumpf einer weiteren, stehenden Aktfigur auf.
Das Aquarell des belgischen Pop-Art Künstlers Pol Mara nennt sich Het huis dat ik bewoon, zu Deutsch Das Haus, in dem ich wohne. Der Fokus liegt auf einem stehenden Frauenakt. Collageartig wird die Figur von einem Polygon überlagert, das an ein Haus mit Satteldach erinnert. Die Transparenz des angedeuteten architektonischen Gerüsts lässt den Bauch der Frau durchscheinen. In einem hellen Rechteck im Bereich ihres Beckens zeigt sich ein horizontal gelegenes, männliches Gesicht. Könnte das eine Anspielung auf eine Schwangerschaft bedeuten? Meint Pol Mara hier das Haus im Sinne des weiblichen Unterleibes, in dem wir alle einmal „zu Hause“ waren?
Hier heißt es: Genauer hinsehen! Die 2004 von Assadour gefertigte Radierung zeigt einen liegenden Frauenakt mit starker Gestik. Erinnernd an den Kubismus setzt sich der Körper aus verschiedenen, geometrischen „Bauteilen“ zusammen. Erst bei intensivem Betrachten eröffnet sich eine weitere kryptische und mysteriöse Bildebene. Das Kreissegment im Bildviertel rechts oben und die helle Umrandung der Figur sind mit Buchstaben und Zahlen versehen, wodurch eine Art mathematische Codierung entsteht.
Uwe Loebens‘ Ölgemälde Ich wollte mit dir schon immer mal reden zeigt einen skelettartigen, männlichen Akt großflächig im Bildvordergrund und eine angedeutete Figur im linken Hintergrund, die sich aus einem schmutzigen Gelb erhebt. Während die hagere Gestalt mit stechend-hellen Augen den Betrachter*innen zugewandt ist, kehrt sie der anderen unwissend oder abwertend den Rücken zu. Die vorgestreckten Hände der hellen, skizzenhaften Figur implizieren eine Kommunikation, ein Auf-sich-aufmerksam-Machen. Es scheint, als suche die Helligkeit den Kontakt mit der Dunkelheit – ein Dialog von Leben und Tod?
Eine typische Szene im Atelier: Ein Maler und sein Modell. Dieses Motiv thematisieren mehrere Arbeiten Aloys Ohlmanns, so auch der vorliegende Siebdruck. Als Betrachter*in hinter dem Künstler erlaubt das Werk einen Blick über seine Schulter. Aus erhöhter Perspektive schaut man auf seinen Hut, seine erhobene, rechte Hand und den Rumpf eines weiblichen Aktes im Hintergrund. Die auf dem Boden ausgestreckte, nackte Person überlässt ihren Körper dem Maler als Vorbild für dessen kreative Arbeit. Wie in einer Momentaufnahme setzt er gerade den Pinsel auf die Leinwand am linken Bildrand, um sein Modell festzuhalten.
Ineinander verschlungen: Die Radierung von Horst Janssen zeigt eine nackte Frau und ein menschliches Skelett während des sexuellen Akts. Der Titel Bis dass Hayn uns vereint gibt Auskunft über die groteske Szene. Der Begriff „Hain“ oder auch „Freund Hein“ gilt als euphemistische Bezeichnung für den Tod, der hier als potente, männliche Figur auftritt. Gegensätzlich zu der Phrase „Bis dass der Tod uns scheidet“ zeigt Janssen den Tod nicht als Abschied, sondern mehr als innige Vereinigung.
Ein Körper oder doch drei? Carole Hemmers Siebdruck ist Teil der 2004 erschienenen Grafikmappe fabriqué en Sarre, bestehend aus 19 Druckgrafiken von Studierenden aus dem Atelier von Sigurd Rompza. Das Werk zeigt die hellen Umrisse eines weiblichen Aktes, die sich auf dunklem Hintergrund hervorheben. Hier intensiviert die Umkehrung der Helligkeitswerte die Dynamik der auf dem Blatt tanzenden Linien. Die Bewegungsabfolge einer einzigen Figur könnte gemeint sein, aber auch mehrere Figuren, die miteinander verschmelzen.
Die Kohlezeichnung von Karl Kunz stellt eine stehende, nackte Frau in Rückenansicht dar. Die Proportionen in Kunz‘ Aktzeichnungen erinnern an die Frauen von Peter Paul Rubens oder auch an die Nana-Figuren Niki de Saint Phalles: kurvig, intensiv und pointiert. Verdeutlicht durch Schattenwürfe bilden Hüfte und Schultern eine markante Differenz zu der schmalen Taille. Der Kopf mit hochgestecktem Haar nimmt eine Nebenrolle ein, während Rumpf und Beine im Fokus stehen.
Im Stil der naiven Kunst zeigt das Melonenpicknick von Maria Kloss eine idyllische Picknickszene zweier Frauen mit Hund. Der großflächige Akt links sticht direkt ins Auge, die Frau fordert sich über ihre Schulter schauend Blickkontakt ein. Unverkennbar scheint der Bezug auf Edouard Manets Ölgemälde Frühstück im Grünen aus dem Jahr 1863. Während die Frauen im Vordergrund Wassermelonen zu sich nehmen, trägt eine männliche Figur im Hintergrund mehrere der Früchte auf dem Arm – eine exakte Spiegelung der Rollen zu Manets Werk. Bemerkenswert ist, dass Kloss einen der Männer hier durch den Hund ersetzt – ein Tier, das häufig in ihren Werken auftaucht. Er strahlt Wachsamkeit aus, ist den Frauen aber untergeordnet.
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: