Institut für aktuelle Kunst

Korbprogramm, 1975-86, Möblierung für den  öffentlichen Bereich aus Stahlrohr und Drahtgitter für Praefcke+Kroos, Weissach Korbprogramm, 1975-86, Möblierung für den öffentlichen Bereich aus Stahlrohr und Drahtgitter für Praefcke+Kroos, Weissach. Foto: Archiv Institut für aktuelle Kunst
Ausstellungsansicht im Forschungszentrum für Künstlernachlässe Ausstellungsansicht im Forschungszentrum für Künstlernachlässe. Foto: Christine Koch
Bespannter Stuhl, 1973,  Mauser, Waldeck,  Sammlung Haus Industrieform Essen Bespannter Stuhl, 1973, Mauser, Waldeck, Sammlung Haus Industrieform Essen. Foto: Christine Koch

Siegbert Gölzer – Industriedesign 1961-1986

Siegbert Gölzer (1934–1986) war kein Macher. Er ­erspürte seine Produkte. Sie reiften allmählich, bevor sie ihre natür­liche Form fanden. Er verlor sich an den Prozeß des Machens und an die Qualität der Materialien, es drängte ihn nicht das Resultat.

Siegbert Gölzer war auch als Designer Handwerker geblieben. Niemals mehr verließ er den mit einer Schreiner­lehre einmal eingeschlagenen Weg. Nach anschließender Zimmermanns­praxis und Studien in Möbelbau, Innen­architektur und Hochbau wird er zunächst Designer in einer Orgelfabrik. Danach ­entwickelt er als Mitarbeiter von Professor Hirche, für einen finnischen Hersteller und später bei Herman Miller lnc. ­Büromöbelsysteme. Hier stehen zwar die Entwicklung von Systemen und deren Ausrichtung auf die fertigungstechnischen Besonderheiten der jeweiligen Hersteller im Vordergrund, also Gesichtspunkte der Rationalisierung und Massenproduktion. Letztendlich aber macht ihm das Diktat der Industrie den Wert der erlernten handwerklichen Tradition erst vollends bewußt. Fortan reizt ihn, wie er 1985 im Rückblick bekennt, nichts mehr, als den „Widerspruch zwischen industrieller Produktion und persönlicher Anmutung aufzuheben.“

[...] So entstehen seine Entwürfe in ständigem Erfahrungsaustausch mit dem Material. Er baut Modelle, nicht um eine Entwurfsidee zu visualisieren, sondern er entwirft in verkleinerterem Maßstab. Was ein Gußteil werden soll, wird gegossen, was tiefgezogen werden soll, tiefgezogen. Diese Gestaltungsauffassung prädestiniert ihn in besonderem Maße für Ergänzungen historischer Environments. Tatsächlich machen sie bald die Hälfte seine Entwurfstätigkeit aus. Für die Saarbrücker Altstadt entwirft er die Straßenlampen, Bestuhlung und Fahrradständer.

Gerd Ohlhauser in: Retrospektive Siegbert Gölzer, Saarbrücken 1988



Zur Ausstellung
Harald Hullmann


Im Forschungszentrum für Künstlernachlässe am Institut für aktuelle Kunst des Saarlandes in Saarlouis werden ­Arbeiten aus dem Nachlass des Industrie-Designers Prof. Siegbert Gölzer ­(1934-1986) ausgestellt, die die Familie Gölzer dem Institut überlassen hat.

Die Entwürfe von Siegbert Gölzer umfassen mit Küchen­einrichtungen, Hausgeräten, Wohn- und ­Sitzmöbeln, ­Leuchten für den Wohnbereich, Büroeinrichtungen und ­Fahrradzubehör ein breites Spektrum. Ein besonderer Schwerpunkt war für ihn die Gestaltung des öffentlichen Raumes mit Leuchtensystemen und -programmen, Kettenpollern, Sitzen, Fahrradständern und Schallschutzwänden.

Aus meiner Sicht hat Siegbert Gölzer in seiner Zeit eine ­besondere Auffassung und somit einen besonderen Stil für seine Arbeiten für den öffentlichen Raum entwickelt.
Entgegen der in seiner Zeit bis in die 1980er Jahre noch üblichen „Gute Form“, die sich mit ihrer Gradlinigkeit und Funktionalität auf das Bauhaus bezog, hat Siegbert Gölzer sich davon abgesetzt. Seine geschwungenen Stadtleuchten sind für mich ein Beispiel dafür, wie eine technische Leuchte für den Straßenraum eine eigene gestalterische Charakteristik erhalten kann. Die Gestaltung der Stadtleuchte verweist einerseits auf historische Muster ohne historisierend zu sein, andererseits bildet sie einen eigenen gestalterischen Akzent im Straßenraum.

Vielen Saarbrückern und Saarbrückerinnen ist heute nicht mehr bekannt, dass Siegbert Gölzer die Beleuchtung der Westspange entworfen und realisiert hat. Auch haben seine Leuchten, Sitzpoller, Fahrradständer und seine Kettenpoller die Stadtgestaltung der Stadt Saarbrücken und darüber hinaus auch weitere Städte der Bundesrepublik mit geprägt. Seine Drahtsitze finden sich noch heute auf den Bahnhöfen der Deutschen Bahn.

In der Ausstellung werden vorwiegend Entwürfe und Zeichnungen für den öffentlichen Raum im Saarland gezeigt. In den Zeichnungen wird mit der Darstellung von vielen Varianten zu den einzelnen Entwürfen die kreative Arbeitsweise von Siegbert Gölzer deutlich. Mit Akribie bearbeitete er die kleinsten Details.

Die ausgestellten Zeichnungen auf Transparentpapier sind ­Arbeitsmittel für Siegbert Gölzer gewesen, um für sich und den Auftraggebern die Gestaltung zu verdeutlichen. Sie beschreiben auch die Arbeitsweise des vordigitalen Zeitalters und sind deshalb auch ein Stück Technikgeschichte. Die Zeichnungen wurden ohne künstlerischen Anspruch gefertigt. Dennoch schimmern auch die ästhetischen Vorstellungen von Siegbert Gölzer und sein Stil bei den technischen Zeichnungen durch. Gerade die Pausen, in denen ursprüngliche Linien wegeschabt wurden, um Änderungen in der Zeichnung vorzunehmen, haben einen besonderen ästhetischen Reiz. Für einen Gestalter wie Siegbert Gölzer, ist alles Gestaltung gewesen.

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Leihgebühren pro Halbjahr

Privatpersonen Schüler*innen, Studierende Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen
je Kunstwerk 50 € 30 € 80 €

Für alle Entleiher gilt:

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