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Nachlassübernahme Willi Spiess – Arbeiten 1950–1970

Aus dem Nachlass des Malers und Objektkünstlers Willi Spiess (1909–1997) wurden dem Forschungszentrum für Künstler*innennachlässe von der Tochter des Künstlers, Sibylle Spiess-Deckert, rund 160 Arbeiten auf Papier als Schenkung übergeben.

Das Schenkungskonvolut stellt mit Gouachen, Tempera-Arbeiten, Zeichnungen und experimentellen Mischtechniken ein exemplarisches Konzentrat der Werkphasen aus den Jahren 1950 bis 1970 dar und gibt einen Einblick in das Schaffen eines der bedeutenden und zugleich weitgehend unbekannten abstrakten Maler im südwestdeutschen Raum.

Willi Spiess gilt als eine der eher stillen Künstlerpersönlichkeiten des Saarlandes. Nach einer kaufmännischen Lehre beim Homburger Einzelhandelskaufmann Ludwig Greilsheimer nahm er 1936 ein künstlerisches Studium in Karlsruhe auf und wechselte 1938 an die Kunstakademie Stuttgart. Von 1941 bis 1945 leistete Spiess seinen Wehrdienst als Funker in Frankreich und Russland, kehrte nach Kriegsende in seine Heimatstadt Homburg zurück und nahm hier wieder seine künstlerische Arbeit auf. Er wurde Mitglied im Saarländischen Künstlerbund und war 1957 Mitbegründer der Neuen Gruppe Saar.

In den Jahren 1958 bis 1963 empfing Willi Spiess zentrale Impulse für seine künstlerische Entwicklung während seiner Studienaufenthalte in Paris.

Die zu Beginn konventionellen, aus der Studienzeit her motivierten Kompositionen finden durch den kulturpolitischen Einfluss der französischen Administration im Saarland zu einer zunächst kubistisch orientierten Dekonstruktion und erschließen zugleich eine für die damalige Zeit große Freiheit der gestischen Form.

Diese Entwicklung intensiviert sich ab dem Ende der 1950er Jahre und führt zu ungegenständlichen Bildfindungen, die den stilistischen Tendenzen informeller Malerei entsprechen. Im Gegensatz zu anderen Protagonisten der damaligen Kunstszene, die sich weiterhin im Kontext des französischen Avantgardekubismus bewegen, entwickelt sich Willi Spiess zu einem Vorreiter des Informell in Südwestdeutschland.

Dabei entfaltet er in der gestischen Physiognomie seiner Malerei eine künstlerische Haltung von großer Unabhängigkeit, die sich nicht an den zeitkonformen Konventionen des Kunstbetriebs orientiert, sondern vielmehr suggestive bildnerische Systeme mit primär malerischem Strukturverständnis ohne jegliche symbolische Funktion oder wirklichkeitsgebundenen Abbildungsanspruch formuliert.

Die überbordende Experimentierfreude und die permanente Suche nach der jeweils gültigen künstlerischen Ausdrucksform erschweren die eindeutige stilistische Zuweisung des Gesamtoeuvres, eröffnen zugleich jedoch einen reichhaltigen Pluralismus der bildlichen Gestaltungsmöglichkeiten.

Willi Spiess, dessen Ausstellungsaktivitäten insgesamt eher zurückhaltend waren, übte ab 1966 eine Nebentätigkeit als Zeichenlehrer aus und realisierte neben seiner Atelierarbeit auch Kunstprojekte im öffentlichen Raum. 1972 erwarb er ein altes Bauernhaus in Kirkel-Altstadt, wo er sein Atelier einrichtete und die Galerie Kunststall betrieb.

Leihgebühren pro Halbjahr

Privatpersonen Schüler*innen, Studierende Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen
je Kunstwerk 50 € 30 € 80 €

Für alle Entleiher gilt:

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