Ein Bau, bis ins kleinste Detail von expressionistischer Formensprache geprägt, war die Saarbrücker Landeszeitung in der Ursulinenstraße. Der repräsentative Haupttrakt erlitt im Zweiten Weltkrieg erhebliche Zerstörungen. Er wurde zunächst provisorisch wieder aufgebaut und zeigte nur noch wenig von seiner ursprünglichen Ausdruckskraft. So regte sich kaum Widerstand, als der Gebäudekomplex um 1970 für einen geplanten Erweiterungsbau der Landesbank und die projektierte Nordtangente abgerissen wurde. Beide sind bis heute nicht vorhanden. Die Landeszeitung aber zählte zweifellos zu den bedeutendsten Bauten des Saargebiets, sein Fehlen ist bedauerlich.
Der Stuttgarter Architekt Hans Herkommer hatte den 1924 ausgeschriebenen Wettbewerb für den Zeitungsbau unter 26 Teilnehmern gewonnen. Im Januar 1925 erfolgte der erste Spatenstich, im Juni war die Grundsteinlegung und im März 1926 wurde der Bau bereits teilweise bezogen, endgültig dann im Juni 1926.
Die Landeszeitung wurde auf trapezförmigem Grundstück im Kreuzungsbereich von Kaiser-, Viktoria- und Ursulinenstraße unterhalb des Bahnhofs errichtet. Ein stattlicher dreistufiger Giebelbau, 16m breit und 30m hoch, bildete die repräsentative Stirnwand des Komplexes. Daran schlossen sich jeweils straßenbegleitend ein siebengeschossiger, 80m langer Verwaltungsbau und der nur wenig niedrigere Betriebstrakt an. Ein kurzer Verbindungsteil verklammerte beide. "Für das Gepräge des Baus war seine Bestimmung und seine innere Struktur maßgebend." Die Bestimmung sah Herkommer "in einer einfachen und selbstsicheren Wahrhaftigkeit, welche das Gebot der Sachlichkeit und Einfachheit nicht mit Nüchternheit und die Notwendigkeit repräsentativer Geltung nicht mit Überladung und Verschwendung verwechselt." (Festschrift Landeszeitung 1926, S. 26)
Die Fassade des Giebeltraktes, des Repräsentationsbaus, der die große Schalterhalle mit einem zweigeschossigen Vortragssaal darüber aufnahm, brachte eine "einprägsame und stolze Haltung" zum Ausdruck, die Längsfront dagegen in ihrer rhythmischen Fensterreihung die "zusammenfassend geordnete große Ausdehnung des Unternehmens". In der gesamten Architekturgestaltung wurde die Geschossgliederung überspielt durch senkrechte Elemente: spitzbogige Fensterarkaden, aus denen spitz hervor tretende Balkone wuchsen, schmale, hochrechteckige Sprossenfenster, lotrechte Fensterbänder mit Dreiecksgiebeln, der Stufengiebel. Die Betonung der Horizontalen durch Fenstergesimse an nur wenigen Stellen verlieh dem Bau Spannung.
Über eine breite Freitreppe betrat man die Schalterhalle. In ihrer Mitte zeichneten in Dreiecksform gespannte Stützen einen Freiraum aus. Die Ausstattung von Schalterhalle und Vortragssaal schilderte und dokumentierte sowohl das Gewerbe des Hauses als auch die saarländische Industrie: Eisen, Glas, Mosaik und Ton. Reliefgeschmückte Eisengussplatten verkleideten die rechteckigen Säulen, Glasmalerei und Glasschliff gestalteten die großen Fenster. Stift-Mosaik bedeckte den Boden. In den Festsaal flutete durch die große fünfgliedrige Fenstergruppe das Licht. "Eine silbern metallische Farbgebung weitet den schmalen Raum, ein schwarzbraun funkelnder Boden und eine leuchtend blaue Decke mindern die Höhe." (Festschrift Landeszeitung 1926, S. 30)
Das Äußere überraschte mit seiner roten Farbigkeit. Anlässlich der Eröffnung am 28. Juni 1926 druckte die Landeszeitung eine Festausgabe. Wenige Sätze daraus von Minne Reinecke charakterisieren seine Wirkung: "Und nun leuchtet mit einem Male ein Fanal auf in diesem wunderschön geordneten Rundbild von Mauern, Villen, Gärten, Türmen, leuchtet rot und flammt über Mauern und Gärten hinweg, zieht immer wieder den Blick auf sich, auch den missbilligenden, ablehnenden Blick. Denn es ist so eigenartig, so völlig aus dem Rahmen fallend, dieses neue hohe Haus, dass all die edle Gotik, all das kostbare Barock, alle die nüchternen grauen Kästen der ehrenwerten Arbeitsstadt sich eigentlich indigniert abkehren müssten."
Marlen Dittmann
Biografie
Hans Herkommer, Architekt
geboren 1887 in Schwäbisch Gmünd
gestorben 1956 in Stuttgart
Bibliografie
Redaktion: Oranna Dimmig, Claudia Maas
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