Manoir oder 'festes Haus' des 14. Jh.
Die Burg ist der befestigte Herrensitz des Mittelalters. Ihre Form ist verknüpft mit dem mittelalterlichen Gesellschaftssystem des Feudalismus. Gegen Ende des Hundertjährigen Krieges (1339-1453) geht die Entwicklung von Wehrbau und Wohnbau getrennte Wege. Aus der militärisch sicheren Burg entwickelt sich das wohnliche Schloss, für den fortifikatorischen Schutz sorgen nun eigens dafür angelegte Festungsbauten.
Torbau und Wohnturm (frz. Donjon), die beiden wichtigsten Bestandteile der mittelalterlichen Burgenanlage, werden in den Dienst einer neuen Plankonzeption gestellt.
Das bereits im Wohnturm des 14. Jh. (Bsp. Schloss Vincennes, Frankreich) geprägte 'französische Raumgefüge' mit der Einbeziehung der Ecktürme in den Wohnbereich und das damit entstandene 'appartement' zeigt nun eine rasche Wendung hin zu mehr wohnlichem Komfort. Die Entwicklung geht weg vom vielgeschossigen quadratischen Turmtypus hin zum mehr breitgelagerten zwei- bis dreigeschossigen Baukörper, dem Typ des 'festen Hauses'. Diesen Typus des 'festen Hauses' oder Herrenhauses mit ganz charakteristischer Grundriss- und Aufrissgestaltung kennen wir bereits seit dem 14. Jh., vor allem aber seit dem 15. Jh. aus Frankreich, wo er als 'manoir' im Gegensatz zum 'château fort' einen festen Begriff in der frühen Schlossbaukunst darstellt (Beispiele: Schloss Chenonceau, Schloss Martainville bei Rouen, Jagdschloss La Muette, Poggio Reale-Variante von Sebastiano Serlio, 3. Buch).
Unter einem 'manoir' versteht man einen nur schwach befestigten Wohnsitz des niederen Dienstadels, der fast immer mit einer vom 'Haus' abgerückten Landwirtschaft verbunden ist. Das meist in Abhängigkeit eines Landes-bzw. Lehensherrn stehende Anwesen durfte zwar nicht mehr befestigt sein, zeichnete sich aber dennoch durch eine Vielzahl von Wehrbaumotiven aus. Als Fassaden schmückende Elemente haben sie zwar ihre fortifikatorische Funktion verloren, bleiben aber als Herrschaftszeichen des ritterlichen Adels erhalten (Definition Wolfgang Götz, Kunstgeschichte, Universität Saarbrücken, Vorlesung Französische Baukunst 1500 und 1650, SS 1981).
Mit diesem Bautyp wird die Architektur für den niederen Adel zugleich zum Statussymbol und behaglichen Wohnsitz. In ganz Europa erkennt man in der Entstehung dieser adligen Landhäuser eine ähnliche Entwicklung in Bauaufgabe, Idee der Gesamtkonzeption und Repräsentationswillen der Bauherren.
In Frankreich sind es im 15. Jh. Torbau und Corps-de-logis, die getrennt oder als Kombination in Form von 'châtelets' das Wesentliche der kleinen Manoirbauten ausmachen.
In der norddeutschen bzw. nordeuropäischen Gutsarchitektur werden Torhaus und Herrenhaus zu den vornehmsten Bauaufgaben. Auch bei Schloss Motten spielen Herrenhaus und Torbau bis ins 18. Jh. hinein eine besondere Rolle. In Motten vollzieht sich ebenfalls dieser Schritt weg von einer befestigten Haupt- und Vorburg hin zum mehr wohnlichen Schloss. Bereits 1332 erhalten die Besitzer von Motten vom Trierer Erzbischof, ihrem obersten Lehensherrn, konkrete Vorschriften zum Wiederaufbau ihrer zerstörten Burg und das ausdrückliche Verbot einer erneuten Befestigung. Sie dürfen ab 1332 ein 'festes Haus', einen Steinbau, auf ihrem Lehen errichten, weitere Steinbauten werden ihnen nicht erlaubt. Die Lehensauftragung durch den Erzbischof war ganz im Sinne seiner Bündnis- und Vertragspolitik. In diesem Fall muss sie als Abstrafung der streitbaren Edelherren von Hagen gesehen werden, denn es wird nicht nur ihre Macht, sondern auch ihr Ansehen geschmälert, indem sie vom Trierer Erzbischof Balduin vom Freiherrn- in den Ritterstand degradiert wurden.
Diese Gegebenheiten des frühen 14. Jh. lassen uns ohne weiteres das 'feste Haus' Motten in die Entwicklungsreihe der französischen Manoirbauten einordnen. Die ehemals edelfreien Herren von Hagen zur Motten stammen zwar aus einem uralten einflussreichen rheinischen Adelsgeschlecht, waren von jeher adlige Grundbesitzer und aufgrund ihres allodialen Besitzes in der Vierherrschaft Lebach auch Mitglied der Reichsritterschaft, gehörten aber zu Baubeginn ihres Manoirs dem Ritterstand an (vgl. Definition von Manoir).
Bibliografie
Margarete Wagner-Grill
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