Als Sohn eines Schlossers im Schatten der Burbacher Hütte, gemeinsam mit vier Geschwistern in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen, studierte Alois Peitz nach dem Abitur am Saarbrücker Ludwigsgymnasium in München Architektur. Nach nur acht Semestern erwarb er das Diplom. Seine damaligen Lehrer, insbesondere der Architekt Hans Döllgast und der Theologe Romano Guardini bestärkten seinen kritischen Geist. Geistig und beruflich blieb er der katholischen Kirche immer eng verbunden. Peitz wurde in Trier Diözesanbaumeister, genauer: Leiter der Hauptabteilung Bau, Kunst und Technische Dienste, der annähernd dreißig Jahre lang (1966-1995) alle kirchlichen Bauvorhaben im Bistum und des Bistums betreute.
Zunächst jedoch sammelte er praktische Bauerfahrungen, während des Studiums als Bauarbeiter, danach als Bauleiter im Büro von Prof. Rudolf Krüger in Saarbrücken. Er legte das Zweite Staatsexamen für den Höheren Technischen Dienst ab, als erster Saarländer nach der politischen Rückgliederung in Frankfurt und wurde als Assessor in den Staatsdienst übernommen. Der Bau des Büro- und Wirtschaftsgebäudes in der Saarbrücker Hardenbergstraße (1962-1966) wurde für ihn zur ersten Herausforderung. Er konnte verhindern, dass hier, wie bereits geplant, ein üblicher Verwaltungsbau mit langem Mittelflur und beidseitigen zellenartigen Büros entstand. Peitz entwarf statt dessen ein damals sehr progressives Haus mit Großraumbüros: einen strengen, gut proportionierten, flachgedeckten Kubus.
Das als Sockel wirkende Erdgeschoss ist zurück gesetzt, die Fassaden darüber zeichnet eine vorgehängte Schicht mit langen Fenster- und Brüstungsbändern aus, deren ausgeprägte Horizontalität von senkrechten Metallstäben überschnitten wird. Diese sehr rationale Architektursprache wendet er in Trier nicht mehr an. Konfrontiert mit einer jahrhundertealten Baugeschichte und mit Gebäuden, in denen sich die Vielfalt der Nutzungen und der Ausdrucksmöglichkeiten der Baukunst spiegelt, ändert sich auch für ihn die Sichtweise auf Architektur. Jetzt treten Aufgaben in den Vordergrund, die einen respektvollen Umgang mit dem Bestand verlangen – heute für jeden Architekten eine Selbstverständlichkeit, in den 1960er und 1970er Jahren jedoch etwas Seltenes: der Bau eines unterirdischen Weinkellers, Kirchenrenovierungen und -sanierungen, Umnutzungen. Peitz übernahm die Geschäftsführung der Kleinen und Großen Dombaukommission für die Renovierung und Neugestaltung der Hohen Domkirche Trier und ihm gelang im ständigen Gespräch mit der Denkmalpflege und gemeinsam mit den Architekten Gottfried Böhm und Nikolaus Rosiny, auch nach einer umfassenden Renovierung, die Authentizität dieses bedeutenden Kirchenbaus zu bewahren.
Die angemessene Umnutzung von Gebäuden kennzeichnet sein Lebenswerk. Er wurde selbst zu einem Denkmalpfleger. »Veränderbar ist der Gebrauch eines Gebäudes im Rahmen der baulichen Eignung, unveränderlich ist sein Kündungscharakter als Teil der Geschichte«, schreibt Peitz in seinem Buch »Zwischen Himmel und Höhle. Über das Sinnliche in der Architektur in Trier und anderswo.« Voraussetzungen waren für ihn immer eine intensive, sehr genaue Bauanalyse und ein nicht nachlassendes Bemühen um die angemessene Antwort auf die vorhandene Baustruktur. Vieles davon, wie etwa den großartig einheitlichen Raumeindruck in St. Maximin, konnte Peitz erst nach langwierigen und schwierigen Verhandlungen mit sowohl der staatlichen als auch der kirchlichen Denkmalpflege erreichen. Die immer wieder umgebaute, mit Zwischenmauern und eingezogenen Geschossen, mit unterschiedlichen Dächern und Fensterformen verbaute, ehemalige barocke Monumentalkirche war statisch stark gefährdet. Sie erhebt sich über einem wieder erschlossenen antiken Gräberfeld, was die ungewöhnliche Breite erklärt. In zwanzigjähriger Geduldsarbeit (1975-1995) entkernte man die Kirche, vereinheitlichte Fenster und Dächer und restaurierte alle Bauteile sorgfältig. Nicht mehr Vorhandenes wurde mit heutigen Materialien und in einer zeitgemäßen Architektursprache ergänzt: Kirchentore aus Stahlplatten, verfahrbare Netze als Trennwände, versenkbare Bühnenteile, Licht reflektierende Lamellen vor den Kirchenfenstern wurden, ohne sich in den Vordergrund zu schieben, zu ebenso prägenden Elementen im Raum wie die überkommene Pfeilerstruktur oder die Kreuzgratgewölbe. Als einen Glücksfall sieht es Peitz, dass mit der Ausgestaltung des als Sporthalle, Aula und Konzertsaal vielfältig zu nutzenden Innenraumes mit ihm auch wieder Gottfried Böhm, diesmal mit Dieter Baumewerd, tätig waren.
Gleichzeitig mit St. Maximin, aber sehr viel schneller, gewann Peitz aus den baulichen Resten einer historischen Klosteranlage ein modernes Gymnasium. Das Angela-Merici-Gymnasium (1968-1972) fügt sich wie selbstverständlich in den Verlauf der Trierer Neustraße und weist sich nur an der leicht facettierten Fassadenstruktur als Neubau aus. Kreuzgang und Klostergarten wurden zum Zentrum der Schule, zur über drei Geschosse führenden, durch runde Glaskuppeln hell erleuchteten und über umlaufende offene Galerien erschlossenen Aula. Und auch im Inneren bleibt die Entstehungszeit an Formen und Materialien erkennbar, nur einzelne Erinnerungsstücke, etwa erhaltene Kapitelle, sind direkt in Wände eingebunden. Dieser Bau erhielt den Europa-Nostra-Denkmalpreis.
Im Dom- und Diözesanmuseum (1982-1988) schließlich wiederholt Peitz das langgestreckte zweigeschossige Rechteck eines klassizistischen, als Gefängnis
errichteten Gebäudes durch einen ebenso langen neuen Rechteckbau und verbindet beide mit einer schmalen gläsernen Museumstraße, auf die sich die Fenster des Altbaus, die Kojen des Neubaus öffnen. Die innere Struktur des Altbaus entsprach jedoch weder den technischen, noch den funktionalen Anforderungen eines Museums und wurde entfernt. In die als Hülle erhaltenen Außenmauern stellte er in gebührendem Abstand ein auf eigenen Fundamenten ruhendes neues Gefüge aus Pfeilern, Wandscheiben und Tonnengewölbe. Alt und Neu »stehen geschwisterlich nebeneinander«, wie es Peitz gerne ausdrückt. »Aber Geschwister sind auch verschieden.«
Für Peitz ist Bauen eine Dienstleistung, die der Architekt zwar zu verantworten hat, dabei aber nicht vergessen darf, dass auch die sinnlichen und geistigen Bedürfnisse der Nutzer zu beachten sind. Deshalb wurde ihm die Mitbestimmung der Nutzer am Planungsprozess zu einem wichtigen Bestandteil der Aufgabe. So erwuchs das Baukonzept für die Kirche St. Monika in Überherrn (1976-1981) aus langen, schließlich zu einem Konsens führenden Gesprächsrunden mit der Gemeinde. Hier konnte er die aus einem siebeneckigen Grundriss entwickelte Kirche selber bauen, andernorts übernahmen dies Architekten-Kollegen. Jedoch steht Überherrn in diesem Interview als Beispiel, wie Bauherren, sei es eine Gemeinde, eine Verwaltung oder eine Einzelperson, für diese Mitbestimmung erst geschult werden müssen. Ohne Moderation und Öffentlichkeitsarbeit kann keine Architektur von Rang entstehen, die über die reine Funktionalität und Zweckdienlichkeit hinaus vom gemeinsamen Erfahren und Erleben, von geistigen und kulturellen Werten geprägt ist.
Die Grundlagen hierzu verschafft er seinen Studenten an der Fachhochschule Trier in Lehrveranstaltungen, die Architektur und Baugeschichte in den Kontext mit Literatur, Musik und bildender Kunst stellen. Dass auch blinde Menschen durch das Hören von Texten und Musik, durch das Ertasten von Gebautem, durch das Ergehen von Räumen die Architektur »sehen«, erfuhr Peitz auf je besondere Weise – er hat lange Zeit Beiträge für die »Tonpost«, die Blindenzeitschrift, verfasst und geleitete lange große Gruppen von Blinden durch Trier. Es bestärkte ihn in seinem Anliegen, die Inanspruchnahme aller menschlichen Sinne in seine Bauten einzubinden.
Peitz versteht es, mit sprachlicher Kraft seine eigene Begeisterung für eine Sache auch an andere weiterzugeben und sie zu überzeugen. Und Peitz streitet nicht nur für die eigenen Aufgaben, sondern auch für die Entwicklung der Stadt Trier, die dem Saarländer zur Heimat geworden ist. Nicht nur im Trierer »Runden Tisch für Baukultur« fordert er immer wieder, eine zukunftsfähige Stadtvision auf der Grundlage der gebauten Tradition zu entwickeln. Für dieses Bemühen erhielt Alois Peitz 2003 als Anerkennung den »Preis des Trier-Forums«. ...
Marlen Dittmann
aus: Jo Enzweiler (Hg.): Interview Architektur. Marlen Dittmann im Gespräch mit Alois Peitz. Saarbrücken 2007, S. 3-5
Beiträge in Fachzeitschriften und Periodika
Werkberichte und Ausstellungskataloge
Außerdem Veröffentlichungen von im Werkverzeichnis genannten Objekten in
vielen Fachzeitschriften wie: Bauwelt, Detail, Baumeister, Kunst und Kirche, das Münster
Vorträge, Referate, Einführungen
Seminare an der Fachhochschule Trier, Fachrichtung Innenarchitektur
Assistenten: Guy Charlier, Bildhauer, Trier und Günter Hymer, Architekt und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Trier.
Die Seminare erstrecken sich je über ein Sommersemester, werden über Vorlesungen vorbereitet und haben ihre Verdichtung in einem viertägigen Workshop, vorwiegend in einem Centre Culturel in Frankreich. Dort sind die Studierenden mit Statements beteiligt und versuchen ein Resümee.
Veranstaltungsorte in Frankreich
Themen
Ausstellungseröffnungen
Thomas Bredenfeld, Roger Dornseiffer, Amos Yakill, Gerd Anders, Bodo Schramm, Guy Charlier, Inge Andler-Laurenz, Martina Hahn, Norbert Härtl, Martina Kaul, Konrad Martin, Heinz Oliberius, Werner Persy, Monica Pauly, Karola Perrot, Jacob Schwarzkopf, Ulrich Lebenstedt
Mediatoren-Tätigkeit
Hinführung und Begleitung von Bauherren in der Aufgabenfindung,
Vorbereitung und Durchführung ihrer Bauvorhaben
Redaktion: Marlen Dittmann, Sandra Kraemer, Claudia Maas
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: