Edmond Louyot wird 1861 als Sohn einer Bauern- und Gastwirtfamilie in Lothringen geboren und aufgrund der politischen Gegebenheiten des 19. und 20. Jahrhunderts unfreiwillig zum Grenzgänger zwischen Frankreich und Deutschland. Nach seinem Tod 1902 gerät der Maler in beiden Ländern in Vergessenheit – ein Schicksal, das sinnbildlich ist für eine ganze Generation von Künstlern im deutsch-französischen Grenzgebiet und viele Talente ereilte, die um 1900 in dieser Region lebten.
Schon früh zeigt Edmond Louyot eine Begabung für das Zeichnen und entscheidet sich auf Anraten seines Lehrers und gegen den Willen der eigenen Familie für eine Laufbahn als Maler. 1881 nimmt er eine Ausbildung an der Schule für Kunst und Handwerk in Karlsruhe auf und lernt im Atelier eines Münchner Dekorationsmalers. Ein mehrjähriges Stipendium der Regierung des deutschen Reichslandes Elsass-Lothringen ermöglicht ihm das Kunststudium an den Akademien in Düsseldorf und München bei den Professoren Heinrich Lauenstein, Hugo Crola und Johann Caspar Herterich. Ein Reisestipendium bringt ihn 1887 nach Holland, wo er die Alten Meister studiert. Bereits während der Studienzeit in Deutschland beginnt Edmond Louyot als Kunstmaler Fuß zu fassen und erhält erste Aufträge. Seit den 1890ern ist er bei Ausstellungen in vielen Großstädten vertreten; neben München, Berlin, Dresden auch in Wien und Straßburg.
Bei einem längeren Aufenthalt 1892 bis 1894 in seiner Heimat Lothringen erprobt er das neue Genre der Freilichtmalerei. In „Die Schnitterinnen“ verewigt er seine Schwestern, die sich von der harten Feldarbeit ausruhen. Er konzentriert sich ganz auf regional geprägte Genrebilder und Landschaften der Mosel, reflektiert darin seine Eindrücke.
Zurück in der Wahlheimat München verdient Edmond Louyot den Lebensunterhalt erfolgreich mit naturalistisch wiedergegebenen Genre-Gemälden. Zusätzlich betätigt er sich als Fotograf und verkauft Postkarten mit eigenen Illustrationen. Seit der Geburt seiner beiden Kinder widmet er sich verstärkt Kinderbildnissen. Er wird Mitglied im Künstlerbund Bavaria und leitet 1911 dessen Wanderausstellungen in deutsche Industriestädte. Erfolgreiche Ausstellungen und volle Auftragsbücher ermöglichen ihm, gut von seiner Leidenschaft zu leben, erfüllen aber nicht seinen Wunsch nach wirklicher Anerkennung.
Studienreisen nach Holland prägen Edmond Louyots künstlerische Anschauungen und eröffnen ihm neue Perspektiven. Er befasst sich mit lebhaften Darstellungen der stürmischen Nordsee, Windmühlen, Strand- und Küstenlandschaften, meist mit Krabbenfischern und deren Frauen, malt Marinemotive an der grau-blauen Nordsee in diffusem Licht sowie junge blonde, lächelnde Mädchen in Volkstracht mit weißer Haube, blauer Schürze und den typischen Holzschuhen. „Marine“ aus Katwijk von 1904 zeigt ausschnitthaft ein Fangschiff am menschenleeren Strand. Das auf den Sand angespülte Wasser erweckt den Eindruck einer Momentaufnahme und ist stofflich genau wiedergegeben wie in einer Fotografie.
Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zieht es den Künstler ans Mittelmeer. Während Studienaufenthalten in Italien und Frankreich hellt er seine Palette mit frischen, pastelligen Farben auf, die sich anschließend auch in den bayerischen Ansichten finden.
In den letzten Schaffensjahren übt Edmond Louyot verstärkt eine Plein-air-Malerei aus, die von der Mosel, Lothringen und deren zauberhaften Farben zu den verschiedenen Jahreszeiten bestimmt wird. Etliche seiner Gemälde weisen eine breite und lockere Pinselführung auf, der Strich wirkt spontan gesetzt. Allerdings findet bei ihm keine Auflösung des Körperhaften statt, anders als in der von den französischen Impressionisten angewandten Technik. Nennenswerte Freilichtwerke Louyots sind „Lothringen“ und „Der Kanal im Herbst“, bei denen das Licht golden durch das Blattwerk auf Wiesen, Felder oder das Wasser des Kanals fällt, sowie „La Lobe. In der Tiefe der Wälder“, bei dem der Künstler flirrendes Licht auf der Schneedecke sichtbar werden lässt.
Mehrere Erkrankungen seit 1915 hindern ihn zeitweise am Malen, halten ihn aber nicht davon ab, seine Werke in deutschen Städten auszustellen. 1919 entscheidet sich Edmond Louyot nach Lothringen zurückzugehen, in dem (zunächst falschen) Glauben, seine Familie nachholen zu können. Selbstzweifel kommen auf, Enttäuschungen und Demütigungen folgen. Er kehrt noch im gleichen Jahr in seinen Geburtsort heim, der inzwischen durch den Versailler Vertrag wieder französisch geworden ist. Im Herbst 1919 eröffnet er das Kunsthaus von Metz mit einer vielbeachteten Ausstellung seiner Arbeiten. Die präsentierten Bilder verdeutlichen die Meisterschaft des Malers anhand des Kolorits und der Lichteffekte. Anfang 1920 stirbt Edmond Louyot im Alter von 58 Jahren in La Lobe.
Louyots Grenzgängerdasein zwischen den Ländern ist es sicherlich geschuldet, dass seine Werke in Frankreich und Deutschland in Vergessenheit gerieten und über viele Jahrzehnte nicht mehr in Ausstellungen gezeigt wurden. Dagegen hat Edmond Louyot in den Vereinigten Staaten schon in seinem Todesjahr einen hervorragenden Ruf, sodass seine Familie innerhalb weniger Monate rund 130 Gemälde in Ausstellungen verkaufen kann. Zahlreiche Werke befinden sich daher in amerikanischem Privatbesitz. In Europa wird Edmond Louyot erst viele Jahrzehnte später wirkliche Anerkennung zuteil, wie die öffentlichen Ausstellungen bezeugen, die seit Ende der 1990er Jahre in Frankreich und seit 2014 in Deutschland durchgeführt werden.
Christine Koch
Redaktion: Christine Koch
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