Von Anfang an begriff sich Alfons Fontaine als Kunstpädagoge. Früh hegte er den Wunsch, Kunsterzieher zu werden. So studierte er nach dem Krieg zunächst in Saarbrücken an der neugegründeten "Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk", dem "Centre de Métiers d’Art Sarrois". Die dort gepflegte, für alle Zweige verbindliche Grundlehre (Boris Kleint), die den Ideen des Bauhauses verpflichtet war, lehnte Fontaine als "indoktrinierendes Lehrmodell" ab. In Saarbrücken studierte er bei Karl Kunz, der einen eigenen Grundlehre-Unterricht gab, im Folgenden ein Semester bei Frans Masereel, dem figurativ arbeitenden Gegenpol zu Boris Kleint, wechselte aber schon nach dem dritten Semester an die soeben wiedererrichtete Kunsthochschule Karlsruhe, wo er bei Karl Hubbuch studierte.
In ihm hatte Fontaine nun einen Lehrer gefunden, bei dem er sich nicht der Bauhauslehre unterworfen fand. Dieser bedeutende Zeichner hatte Fontaine tief geprägt, der ganz in der Nachfolge seines Lehrers künftig dem Figuralen verbunden blieb. Nach alter Gepflogenheit widmete sich Fontaine an der Akademie dem Aktstudium. Seine Aktzeichnungen, in denen Fontaine komplizierte Haltungen studierte, bezeugen sein frühes Interesse an Perspektive. Etwa in der eindringlichen Bleistiftzeichnung Altes Paar, spricht sich der soziale Impetus aus, der schon das Werk seines Lehrers Karl Hubbuch kennzeichnete. Sein Studium schloss Alfons Fontaine mit einer Mappe von 20 Illustrationen zu Nikolaj Gogols Erzählung "Wij, der König der Erdgeister" ab.
Von Karl Hubbuch hatte Fontaine seine Prägung als Zeichner erfahren, und mit dem Blick des Zeichners entdeckte Fontaine nun das Thema der Kulturlandschaft. So entstanden seit den 50er Jahren Darstellungen der Industrielandschaft an der Saar, anknüpfend an Fritz Zolnhofer. Es ist für sein Werk charakteristisch, dass er sich, wie in einer Reihe von Ansichten von Landsweiler-Reden, immer wieder dem gleichen Motiv unter je verschiedenem Blickwinkel widmet, bisweilen in unterschiedlicher Technik.
Fontaine ist unermüdlich gereist. Ausgedehnte Reisen führten ihn seit den 1950er Jahren nach Südfrankreich, nach Italien, Spanien und Griechenland. In diesen Ländern suchte er die künstlerischen Meisterleistungen der abendländischen Kultur auf: in Venedig, Rom, Athen oder Paris. Er besuchte die Schlösser der Loire, und, ein seinerzeit aufwendiges Unterfangen, die DDR und Prag.
Seine größte Liebe aber galt Rom, das er viele Male besucht hat. In Rom verbinden sich die antiken Wurzeln mit den christlichen. Und so gelangen in seinen Zeichnungen die allgegenwärtigen christlichen und antiken Stätten unwillkürlich in ein gemeinsames Blickfeld. In geradezu selbstverständlicher Gleichzeitigkeit existieren Aktualität und Historie: Autos sind keineswegs Störenfriede in seinen Stadtansichten und die Monumente Teil der Gegenwart.
Seit 1977 entstanden Serien von Zeichnungen der französischen Kathedralen, von den Kathedralen der Ile-de-France bis zur Kathedrale von Metz und dem Straßburger Münster, eine zentrale Werkgruppe in Fontaines Schaffen. Die filigranen Strukturen der gotischen Architektur und das reiche lebendige Spiel von Licht und Schatten – etwa auf einer Fassade – sind für einen Zeichner eine Herausforderung. Hier konnte Fontaine sein ganzes Können unter Beweis stellen.
In den Darstellungen lothringischer Orte erweist sich Fontaine als Kenner der Kunstgeschichte seiner Gegend. Seit den 1970er Jahren erkundete Alfons Fontaine – bis in sein letztes Lebensjahr – die Landschaft an Nied und Meuse, zeichnete in dieser Gegend zahllose Orte, die heute in Vergessenheit geraten sind und Gefahr laufen, aus dem historischen Bewusstsein zu treten. Er hielt die vom Verfall bedrohten, im Verfall begriffenen Zeugnisse menschlichen Schaffens fest. Autos wirken an solchen Orten nur mehr wie beiläufige Spuren von Belebtheit, ein Traktor, ein altertümlicher, abgestellter Heuwender müssen erst entdeckt werden. Selten bevölkern Menschen diese Bildwelt. Fontaine entstammte selbst einem Ort unweit der französischen Grenze, Harlingen bei Merzig, dessen Gepräge den benachbarten Lothringischen Dörfern ähnelte. Er mag immer auch seine eigene Herkunft befragt haben, wenn er in den Portraits dieser alten Orte den kulturellen und geographischen Zusammenhängen nachspürte.
Wenn Fontaine auch Ölgemälde und – bezeichnenderweise in Venedig – Aquarelle schuf, begriff er sich doch vor allem als Zeichner. Bisweilen entstanden druckgrafische Arbeiten. Die beiden Saarlouismappen aus den Jahren 1976 und 1979 oder etwa Illustrationen zu Alfred Guldens "Om Grooßen Määat" (1980), machten das Werk Fontaines einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Überwiegend aber zeichnete er in Tusche oder mit einem Flomaster-Tintenstift, dessen Filz weiche, wässrige Linien mit weichen Konturen und unterschiedlichen Helldunkelstufungen hervorzubringen vermochte, sodass solche Zeichnungen zu malerischer Wirkung gelangen. Wichtig war Alfons Fontaine dabei das, wie er sagte, "Können", das sich freilich nicht auf technische Fähigkeiten reduziert. Vielmehr vermag der Künstler mittels der Technik das Wesen des darzustellenden Gegenstandes zu erfassen. Dies aber setzt langes Studium und lange Beobachtung des Motivs voraus, ehe er sich die zeichnerische Aufgabe stellt und die Zeichnung dann in raschen und sicheren Zügen hinsetzt. Es entstehen auf diese Weise lebendige Kompositionen von Landschaften, die, vom Menschen geprägt, selbst im umfassenden Sinne zu Persönlichkeiten geworden sind.
"Ich registriere die Welt eher mit den Reizen des augenblicklichen Erlebens, in der Wahrnehmung des Verklingens der Kultur einer Stadt, eines Dorfes, einer Kulturlandschaft, die alle einmal die vordringlichen und bedeutendsten Leistungen der sich entwickelnden abendländischen Kultur waren." (Alfons Fontaine, unveröffentlicht)
Thomas Wiercinski
Redaktion: Thomas Wiercinski, Petra Wilhelmy
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