„Au bord de la Moselle“ zeigt ein blühendes Flussufer an dem ein kleines Boot anliegt. Daneben sitzt, scheinbar weltvergessen, ein Angler. Im Hintergrund ist, gesäumt von einigen Gebäuden und üppiger Flora, die mächtige Ruine eines römischen Aquäduktes zu sehen, die auch das Zentrum von Jungs Werk definiert. Titel der Radierung und der auf dem Boot versehene Hinweis „Jouy aux Arches“ lässt vermuten, dass es sich um eine Uferdarstellung eben jenes kleinen lothringischen Moselstädtchens unweit von Metz handelt, durch welches der ehemalige römische Wasserkanal führt.
Das Aquädukt war nur der oberirdische Abschnitt einer Strecke von insgesamt 22 Kilometern Kanalisierung, die das Wasser von Gorze bis in die Thermen und Brunnen von Metz brachte. Das Bauwerk stammt aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. und ist eines der am besten erhaltenen des weströmischen Reiches. Einst wurde es von den Einwohnern als Teufelsbrücke bezeichnet. Ab 1837 führten verschiedene Kampagnen zur Restaurierung dieses Aquädukts. (https://bit.ly/3gstZxM)
Die Werke von Karl-Otto Jung sind dem modernen Realismus zuzuordnen. Dabei interessiert ihn "die aus der Anschauung der sichtbaren Welt geschöpfte Darstellung der Wirklichkeit, wie sie sich in Bildnissen, Landschaften oder Stillleben manifestiert." (Volker Hoffmann: Der Maler Karl-Otto Jung. Vision und Realität, München 1988, S. 7) Außerdem gestaltet er mit den Mitteln realistischer Kunst Ideen, die der Phantasie und dem Denken des Künstlers entsprungen sind.
(Redaktion: Hannah Jonzyk)