Gunter Demnig
Stolperschwelle
Beton, Messing, per Hand eingeschlagene Inschrift, 67 x 100 x 100 mm, Länge: 76 cm
Völklingen, Weltkulturerbe Völklinger Hütte, Rathausstraße 75-79
Hintergrund:
Vor dem Weltkulturerbe Völklinger Hütte erinnert eine Stolperschwelle an die zahlreichen Opfer der Zwangsarbeit in der Stahlproduktion während des Zweiten Weltkrieges. Das Mahnmal wurde 2014 in den Boden vor dem damaligen Haupteingang der Hüttenanlage eingesetzt. Mittlerweile befindet sich an dieser Stelle der Eingang zum Weltkulturerbe und dem angegliederten Bistro.
Die Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke spielten in der neueren Geschichte eine nicht zu unterschätzende, leider in der Erinnerungsarbeit lange vernachlässigte Rolle. Das Unternehmen war im endenden 19. Jahrhundert bekannt als Deutschlands größter Hersteller für Eisenträger. Diese Prominenz suchte auch das nationalsozialistische Regime für die Aufrechterhaltung des Krieges zu nutzen. Infolgedessen wurde der Völklinger Massenarbeitsplatz während des Zweiten Weltkrieges zu einem Zentrum für Zwangsarbeit. Ab 1940 wurden hierzu verstärkt ausländische Arbeitskräfte - überwiegend Ostarbeiter - ausgebeutet. Rund 14.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter*innen waren zuletzt gegen ihren Willen in dem Völklinger Stahlhüttenbetrieb beschäftigt.
Auf dem Waldfriedhof in Völklingen erinnert die sogenannte Ausländergedenkstätte an das Schicksal der 219 Frauen, Männer und Kinder, die im Zuge der unfreiwilligen Beschäftigung bei den Eisen- und Stahlwerken den Tod fanden. Hierbei handelt es sich um die registrierten Todesopfer; die Dunkelziffer dürfte höher liegen. Denn nicht alle Todesfälle wurden registriert und nicht bei allen Toten kann letztendlich klar beurteilt werden, ob sich diese Person in Zwangsarbeit befand oder nicht.
Als Todesursachen werden Tuberkulose, Lungenentzündungen, Herz- und/oder Kreislauf-Ursachen, Mangelernährung/Unterernährung, Misshandlungen, Suizide und Arbeitsunfälle gelistet. Es waren die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die ständige Gefahr des Krieges in Form von Luftangriffen, die das Leben der Zwangsarbeiter*innen ständig gefährdete.
Im Vorfeld der Verlegung der Stolperschwelle äußerte der damalige Generaldirektor des Völklinger Weltkulturerbes, Meinrad Maria Grewenig, sein Bedenken bezüglich der Stolperschwelle. Ort und Text derselben schienen ihm unangemessen, mehr noch: unwürdig. Grund dafür sei die Geschäftigkeit des Standortes, zwischen Besucherströmen, öffentlichen Arbeiten und Verkehr. Mittels eines offenen Briefes wurde die Auseinandersetzung zwischen Direktion der Völklinger Hütte und Aktionsbündnis publik. Grewenig schlug mit dem gegenüberliegenden Völklinger Platz einen alternativen Standort für die Stolperschwelle vor. Die Initiative wies hingegen darauf hin, dass die Stolperschwelle so aus ihrem historischen Zusammenhang gerissen werde. Der Logik nach werden die Stolpersteine und -schwellen immer an den jeweiligen ehemaligen Eingängen verlegt, um der Opfer auf diese Weise zu gedenken. (Selina Fuchs)
"Die Stolperschwelle soll an die Tausende von Zwangsarbeiter*innen erinnern, die - von den Nazis mit Gewalt aus ihrer Heimat verschleppt - bei den Röchlingschen Eisen- und Stahlwerken unter menschenunwürdigen Bedingungen die Kriegsproduktion aufrechterhalten mussten. Unterernährt und in schlechtem gesundheitlichen Zustand mussten sie täglich bis zu zwölf Stunden Schwerstarbeit verrichten, oft genug vom Werkschutz misshandelt und gedemütigt. Berüchtigt war der Leiter des Lagers Schulzenfeld, der Zwangsarbeiter mit Handschuhen verprügelte, die mit Steinen gefüllt waren. Wer um Brot bettelte oder die Arbeit verweigerte kam in das Straflager Etzenhofen. Ein zwölfjähriger russischer Junge hatte drei Kartoffeln aufgesammelt und musste dafür 56 Tage nach Etzenhofen.
Die hygienischen Verhältnisse in den Baracken waren völlig unzureichend. Viele Zwangsarbeitende starben an Tuberkulose, Diphterie oder anderen Infektionskrankheiten. Auf der Opferliste sind als weitere Todesursachen „Freitod durch Erhängen“, „Selbstmord durch Gasvergiftung“, „Zertrümmerung des Schädels“, häufig auch „Tödlicher Unfall“ genannt. Als Todesursache der zwei Monate alten Elisaweta Borikow ist „Unterernährung“ vermerkt. 14 Zwangsarbeiter*innen kamen am 16. Juli 1944 bei einem Fliegerangriff ums Leben, dem sie ungeschützt ausgesetzt waren.
Der Verlegung der Stolperschwelle gingen öffentlich geführte Auseinandersetzungen mit dem damaligen Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte voraus. Dr. Meinrad-Maria Grewenig sprach sich gegen die Verlegung der Stolperschwelle an einem der Haupteingänge zum Weltkulturerbe aus. Sie gefährde die Verkehrssicherheit der Fußgänger, der vorgesehene Platz sei würdelos, die Inschrift unangemessen. Dennoch wurde am 19.08.2014 die Stolperschwelle unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit verlegt." (Stolpersteine in Völklingen, 23.01.2024)
Quelle:
Redaktion: Margarete Wagner-Grill
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