Experimentierfreude und Offenheit zeichnen das Schaffen der Bildhauerin Susanne Specht aus. In ihren Skulpturen und Zeichnungen – mögen sie noch so massiv oder dicht erscheinen – finden sich immer Fenster, Nischen, Spalten oder Stufen, die Wege nach innen und außen zeigen und diese durch Reflexionen zu multiplizieren vermögen. Formal und inhaltlich erschließen sich Blickachsen oder Denkmodelle, die die Augen öffnen für die Sinnlichkeit des verwendeten Materials, für stimmige Proportionen, das Zusammenwirken von Architektur und Natur, für Zwischenräume, Fragmente und vieldimensionale Teile, die ein neues Ganzes ergeben können, aber auch im Kleinen ihren eigenen stimmigen Kosmos entfalten. Auch wenn die großformatigen Außenskulpturen ganz bewusst Orte definieren und diese noch so gravitätisch besetzen, lassen sie doch größtmögliche Freiheit für Bewegungsabläufe und Denkräume.
Als Studentin der Hochschule der Künste Berlin in der Klasse von Michael Schoenholtz spielte zunächst der Mensch eine zentrale Rolle im Werk der jungen Bildhauerin. Der Körper setzt Maßstäbe an Proportionen. In seiner Darstellung verbindet sich Gesehenes mit Gedachtem, zeigen sich Geometrie und Individualität sowie Zusammenhänge von innen und außen, von Bewegung, Masse, Raum, die nicht zuletzt in Einklang mit den Eigenschaften des Materials gebracht werden wollen. Die dort gewonnenen Einsichten prägen das Werk bis heute. Susanne Spechts Skulpturen zeigen, wie sich Intuition, Erfahrung und präzise Beobachtung zu gleichermaßen abstrakten wie naturnahen Entwürfen vereinen lassen.
Skulpturen
Stein war und ist Ausgangspunkt
ihres über drei Jahrzehnte gewachsenen Oeuvres. In ihm manifestiert
sich Zeit und Ausdauer - in den kleinformatigen Feldsteinen
genauso wie in den gewaltigen Granit- und Marmorblöcken. Das
Material Stein bedeutet für Susanne Specht jedoch auch Begrenzung.
Es lässt sich nicht gegen dessen "gewachsene" Schichten
und Strukturen arbeiten. Die Idee liegt im Stein. Diese aufzuspüren,
offen zu legen oder zu betonen, sich vom Material leiten zu lassen,
um dabei nicht zuletzt dem dort - im Innern - entdeckten
geometrischen oder architektonischen Vokabular zu folgen, ist
das Thema dieser Skulpturen. Zum Stein, insbesondere zu den Eklogiten
(ekloges, griech.= auserlesenes Gestein), die sie in Franken
als äußerlich gänzlich unauffällige Rohlinge findet, kehrt die
Bildhauerin immer wieder zurück. Nie abgeschlossen, von Dauer
geprägt, bildet die Auseinandersetzung und Befragung des Steins den
Kern ihres Werkes.
Mehrdimensionalität in jeder Hinsicht zeichnet das Werk von Susanne Specht aus. Es öffnet sich dem Betrachter, bezieht ihn ein, setzt Seh-Impulse, zeigt Blickwinkel im Innern und weist gleichzeitig Wege nach außen. Die Arbeiten manifestieren Möglichkeiten in Zeit und Raum.
Feldsteine und Steinarbeiten für den Außenraum
Natur
und Architektur sind die übergreifenden Themen der Skulpturen und
Zeichnungen von Susanne Specht. Sie beziehen den Menschen aktiv ein,
der sich spielerisch intuitiv mit dem Stein auseinander setzt, sich
an dessen Größe messen, den Blick fokussieren oder weiten kann, um
Einsicht und Aussicht gleichermaßen zu erfahren.
Geometrie,
Architektur sowie Archetypisches klingen im kleinen wie im großen
Maßstab an, zeigen sich im Innern der Eklogite genauso, wie in den
Arbeiten für den Außenraum. Treppen, Tore, Fenster sind
wiederkehrende Motive. Neben diesen eher statischen Formen, spielt
das Element Wasser als spiegelnde Illusion insbesondere bei den
Skulpturen für den Außenraum eine nicht minder tragende Rolle.
Nicht zuletzt ist das Licht bei diesem Spiel mit Kontrasten, mit
matten und glänzenden Flächen, gerade im Außenraum von
entscheidender Bedeutung. Während die unbearbeiteten Flächen
lediglich heller oder dunkler erscheinen, reflektiert es in den
polierten Ausschnitten, wird zum stillen See oder zum Seh-Fenster im
Kosmos Stein.
Betonarbeiten
Losgelöst von den über
Jahrtausende gewachsenen Vorgaben, denen Susanne Specht mit ihren
Feldsteinen nachspürt, eröffnen sich mit den Beton-Modulen
vielschichtige und gleichwohl systemimmanente Möglichkeiten, Räume
horizontal oder vertikal frei im Raum zu entfalten. Der Stein ist
noch immer im Material enthalten, doch lässt er sich als Beton in
jede gewünschte Form gießen, multiplizieren und mit Farbpigmenten
versetzen.
Jedes Modul wird anhand von Modellen auf Proportion und Spielräume im Einzelnen sowie im Miteinander entwickelt. Jede Seite soll die unterschiedlichsten Öffnungen, Einblicke, aber auch geschlossene Flächen und Räume sowie deren Teilungen ermöglichen. Potenziert durch Drehung und Reihung, eröffnen sich zahllose Varianten, die sich gedanklich fortsetzen oder auf die Ursprungs-Matrix zurückführen lassen. Diesen abstrakten, frei strukturierten architektonischen Skulpturen verleiht Farbe Individualität: Je nach Dichte des Materials, changieren die Bau-Steine in fein abgestuften Tönen, die über die Farbe von der Außenhaut zurück zum Material führen. Werkstoff und Werk bilden auf diese Weise eine in sich geschlossene Einheit.
Industrieprojekte Steinerne Fundstücke, nicht aus der Natur, sondern als individuelle Reste und Abfallprodukte unserer Zivilisation, erfahren durch Reihung und sparsame Bearbeitung eine Umwidmung in autonome Kunstwerke. Aus Negativformen, Bohrkernen oder entkernten, fragilen Granitblöcken werden durch lineare Einschnitte und durch beharrliches Polieren Skulpturen, die auch in der jetzigen Gestalt das Vergangene offen sichtbar in sich tragen. Je nach Raumsituation finden diese subtil bearbeiteten Industrierelikte als gleichsam körperhaft präsente „verlorene“ Formen zu immer neuen Zwischenstadien.
Zeichnungen
Nicht der individuell gezeichneten Linie gilt das Hauptaugenmerk
der Künstlerin. Vergleichbar den langsamen bildhauerischen Prozessen
wird auch das Zeichnen als Handlung begriffen, das nicht spontane
Geste, sondern Stetigkeit vermittelt. Die Arbeiten auf Papier stellen
weniger Skizzen oder Entwürfe dar, als vielmehr eigenständige
Auseinandersetzungen mit der Strukturierung einer Fläche hin zu
gebauten oder geschichteten Volumina. Feine Ritzzeichnungen
erzeugen eine kaum wahrnehmbare räumliche Situation im Papier und
dienen als Gerüst eines dicht an dicht mit Graphitstrichen erzeugten
Raumkörpers, der an Architekturen aus Strohballen erinnert und
gleichzeitig mit schmalen Seh-Schlitzen auf die Skulpturen Susanne
Spechts verweist. Lichte und dichte Flächen betonen die Architektur
dieser Monumente, ohne sie jedoch in einem definierten Raum zu
verorten.
Tusche
Basis ist allein das Papier,
auf dem sich in den so genannten Objektzeichnungen Tusche ihren Weg
bahnt: vom stempelgleichen ersten tiefschwarzen Druck bis zum lichten
Ende der Bewegung, mit dem sich beim Ausstreichen die Flüssigkeit
verliert. Auf den ersten Blick scheinen die kastigen Rahmungen
charakteristisch für diese Werkgruppe zu sein. Darüber hinaus
betonen fenstergleiche Einblicke durch sandgestrahltes Glas
weit subtiler die räumliche Dimension. Sie führen das Auge
gleichsam in Schichten in das Zentrum des Blattes. Dort öffnet
sich ein präzise umrissener Ausschnitt, der einmal erfasst in der
Umkehrung zum Kern des Motivs wird, das sich als Serie ausbreitet und
durch Rahmung und Fenster rhythmisch strukturiert wird. Ganz
beiläufig und selbstverständlich springt der Blick vor und zurück,
fokussiert und verliert sich, um im mehrteiligen Werk das Spiel aus
eng beieinander liegenden und weniger dicht gesetzten Linien als
vielschichtige Komposition zu einer stimmigen "Melodie" zu
erfahren
Birgit Möckel
Redaktion: Claudia Maas
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: