Im Jahre 1909 erblickte Fritz Berberich in Schnappach, einem Bergarbeiterdorf, das Licht der Welt. Hier wuchs er als Sohn eines Bergmanns auf, hier verbrachte er den größten Teil seines Lebens und mit diesem Ort sollte er zeit seines Lebens eng verbunden bleiben.
Als Fritz Berberich im Alter von etwa 20 Jahren ernsthaft anfing, sich mit der Malerei auseinanderzusetzen, wusste er nur, dass er gerne Maler werden würde. Er wusste aber auch, dass dieser Wunsch im Grunde illusorisch war, da es seinerzeit in Schnappach, damals ein Stadtteil von St. Ingbert, nämlich üblich und unumgänglich war, dass die Söhne gleich nach der Volksschule mit dem Vater "untertage" gingen, in das Bergwerk einfuhren, um mit ihrer Arbeit zum Familienunterhalt beizutragen. Das war der vorgezeichnete Weg.
Berberich wollte sein Leben jedoch anders gestalten. Da der Berufswunsch Maler alles andere als einfach durchzusetzen und zu erreichen war, versuchte er es zunächst mit dem Erlernen eines praktischen Berufs. Mit der Absolvierung einer kaufmännischen Lehre in einer Sulzbacher Eisenhandlung und dem kurzzeitigen Besuch der Klasse für Gebrauchsgrafik an der Kunst- und Kunstgewerbeschule in Saarbrücken 1932 (den Besuch der Klasse für freie Malerei erlaubte der Vater nicht) setzte Berberich die ersten, noch zögernden Schritte, den vorgezeichneten Weg zu verlassen.
Berberich fand damals Verständnis und Unterstützung bei dem Maler Fritz Zolnhofer, der in Schnappach wohnte.
Im Jahre 1934 gelang es Zolnhofer sogar, dass Berberich sich als Gast des Saarländischen Künstlerbundes an der Ausstellung "Bildende Künstler an der Saar" in Berlin beteiligen konnte. Der Ankauf eines seiner Bilder durch die Reichsregierung brachte erste Anerkennung und das Startkapital für den erneuten Besuch der Kunstschule. Nach dem Tod des Vaters 1934 schrieb sich Berberich wiederum an der Schule für Kunst und Kunstgewerbe in Saarbrücken ein, dieses Mal in der ersehnten Klasse für Malerei bei Oskar Trepte. Bei Trepte, der ihn durch die Tektonik und Ausdruckskraft seiner Bilder sehr beeindruckte, festigte sich Berberichs realistisches Kunstkonzept.
Doch schon vor dem Eintritt in die Malklasse bei Trepte hatte Berberich Bilder gemalt, mit denen er bereits eine erstaunliche bildnerische Qualität erreicht hatte. Er malte in expressionistischer Manier, aber vor allem auch in der Art der Neuen Sachlichkeit. Das Menschenbild, das Porträt, war ein wichtiges Thema, mit dem er sich in seiner Kunst auseinandersetzte. Aber auch mit den Themen Landschaft und Stillleben setzte er sich intensiv auseinander, und zwar sowohl in Aquarelltechnik und Öl als auch in Zeichnung, sei es Tusche mit Rohrfeder, sei es Pastellkreide.
Im Jahre 1936 wechselte Berberich an die Kunstakademie nach München.
Der Wechsel ergab sich zwangsläufig, da die Schule für Kunst und Kunstgewerbe in Saarbrücken im Jahre 1936, nach der Rückgliederung des Saarlands in das Reich, geschlossen wurde. Als Berberich ein bescheidenes Stipendium erhielt, gab es nur diesen einen Weg, nach München nämlich, und zwar in die Klasse für Malerei bei Karl Caspar, bei dem Zolnhofer in den 1920er Jahren Meisterschüler gewesen war. Caspar war ein Vertreter der expressionistischen Kunst und Berberich, obwohl er sich in seiner Kunst noch weitgehend an dem Konzept der Neuen Sachlichkeit orientierte, fühlte sich in dieser Umgebung dennoch sehr wohl.
Nach einer gewissen Zeit vollzog sich in München dann ein Übergangsprozess in Berberichs Schaffen. Er begann sich allmählich aus der realistischen Sicht der Dinge zu lösen und seine Arbeitsweise nach und nach an Prinzipien der expressionistischen Kunst auszurichten. Dieser Übergangsprozess war folgerichtig, aber auch sehr bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Adolf Ziegler, einer der bekanntesten Vertreter der realistischen Kunst – bekannt auch als Organisator der Ausstellung "Entartete Kunst" – in unmittelbarer Nähe zu Caspars Klasse als Professor für Malerei lehrte. Berberich hätte sich ihm und der Kunstauffassung des Nationalsozialismus anschließen können, stattdessen aber wählte er den Weg in das expressionistisch-impressionistische Experimentierfeld.
Anfang 1938 wurde Berberichs Lehrer Karl Caspar, von dem 1937 einige Werke auf der Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt wurden, die Professur entzogen. Nach Auflösung der Caspar-Klasse kehrte Fritz Berberich nach Schnappach zurück, wo er bis zu seiner Einberufung in die Wehrmacht 1940 als freischaffender Künstler lebte.
An Berberichs ersten Einsatzorten in Russland war an Kunst kaum zu denken. Erst nach seiner Verlegung nach Südfrankreich, wo es keine nennenswerten Kriegsgeschehnisse mehr gab, fand er – im mediterranen Licht gewissermaßen auf den Spuren seiner verehrten Vorbilder Matisse und Cezanne wandelnd – Gelegenheit, sich mit Kunst zu befassen. Hier entstand eine Reihe von Aquarellen, die in ihrer schwungvollen Pinselführung und ihrer hellen und intensiven Farbgebung Berberichs Begeisterung für die südfranzösische Landschaft und das südliche Licht zum Ausdruck bringen.
Während der Kriegsgefangenschaft fertigte Fritz Berberich auf Briefbogenpapier des Lagerkommandanten in Tusche, Tinte und Pastellkreide eine Anzahl kleiner expressiver Skizzen und Zeichnungen religiösen Inhalts an. Mit den gewählten Themen wollte er allerdings weniger das religiöse Bewusstsein in den Vordergrund stellen, als vielmehr den Zeitbezug herstellen. Das Programm dieser "Kleinen Bilder" muss im Prinzip als politische Metapher gedeutet werden. Die Skizzen und Zeichnungen konfrontieren den Betrachter mit den ewigen Themen der Menschheitsgeschichte, wie Verrat (Petrus’ Verleugnung), Ausgeliefertsein (Ecce homo), Folter (Hl. Sebastian), Angst, unerwartete Hoffnung (Emmausthema), soziales Engagement (Samariterthema) etc., Themen, die in kaum einer Zeit so furchtbar aktuell waren wie in dieser apokalyptischen Epoche der europäischen Geschichte.
Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft kehrte Berberich in die saarländische Heimat zurück. In der neu sich formierenden, dynamischen und über die Grenzen hinaus expandierenden Kultur- und Kunstszene zählte er von Anfang an zu den Vertretern der jungen saarländischen Kunst.
Die Kulturoffensive, mit der die französische Militärregierung die Bevölkerung des Saarlandes an Frankreich zu binden versuchte, kam auch den Künstlern zugute. Stipendien eröffneten den Weg nach Frankreich, Berberich konnte zu Studien- und Arbeitsaufenthalten nach Paris (1947), Südfrankreich (1948) und in die Bretagne (1949) reisen. 1948 folgte die erste Einzelausstellung in Schnappach, seit 1949 war Fritz Berberich an Ausstellungen saarländischer Künstler in Paris beteiligt. 1950 erhielt er die Gelegenheit, einige Semester an der Grande Chaumière in der französischen Hauptstadt zu studieren. Mit seiner Heirat und der Geburt der Tochter wurde in den 1950er Jahren auch sein Privatleben von entscheidenden Veränderungen geprägt.
Sein malerisches Werk umfasste die klassischen Themenbereiche wie Straßenszenen, Porträts, Landschaften und Stillleben. Aber auch im Bereich der religiösen Thematik konzipierte Berberich beeindruckende Bildformen und erreichte in der abstrakten Kunst überzeugende Ergebnisse, obwohl er die Abstraktion nie als seine Domäne aufzufassen vermochte. Hinzu kamen zahlreiche Aufträge für Kunst am Bau, hier sind vor allem Glasfenster und Wandmosaike zu nennen.
Den Höhepunkt seiner Laufbahn als Künstler erlebte Fritz Berberich mit der Verleihung des Albert-Weisgerber-Preises der Stadt St. Ingbert im Jahre 1964.
Am Übergang von den 1950er zu den 1960er Jahren konnte man erneut beobachten, dass sich in Berberichs Kunstauffassung eine Veränderung anbahnte. Der kubistische Formkanon begann allmählich, seiner Bildstruktur zunehmend eine feste, tektonisch geprägte Struktur zu verleihen. Diese Formsprache prägte und dominierte sein Schaffen der 1960er und 1970er Jahre, ja auch noch bis in die 1980er Jahre, als sich seine Bildstruktur allmählich wieder auflockerte und ihre Strenge überwand.
Es zeigten sich aber auch zunehmend Irritationen und Unsicherheiten in seinem Schaffen, in seiner Kunst, die nun nicht mehr der Auffassung des Zeitgeistes zu entsprechen schien. Bisweilen zeigte Berberich zwar Bereitschaft, auch dieser Tatsache Rechnung zu tragen, doch seine Lösungsversuche erwiesen sich nicht selten als Kompromisse. Im Prinzip sah er für sich weder die Möglichkeit, noch verspürte er die Notwendigkeit, dem Anspruch des Zeitgeistes uneingeschränkt zu folgen. Dies wurde besonders deutlich in den 1980er Jahren, als die "Jungen Wilden" ihre expressionistische Formsprache in die Öffentlichkeit trugen und von den Medien als Revolutionäre gefeiert wurden. Berberich hatte diese Phase des emotional aufwühlenden‚ "wilden" Expressionismus bereits vor langer Zeit hinter sich gelassen, und so zeigte er auch hier keine Absicht, sich erneut in der Formsprache eines "Fauvismus" zu exponieren.
Progressiv oder konservativ, welche Bedeutung hatte das schon Fritz Berberich sah das Problem zwar, doch er löste es für sich in einer recht souveräner Art und Weise, als er es während eines Interviews in folgender Formulierung vorbrachte: "Ich bin kein Komet, kein Schrittmacher, vielleicht bin ich konservativ, aber ich gehe meinen Weg."
Wie in seinen jungen Jahren unternahm er auch weiterhin und bis zuletzt Reisen an das Mittelmeer, zumeist in Begleitung seiner Frau. "Kunstexpeditionen" nannte er das. Jedes Mal brachte er von dort Mappen mit Aquarellen, Pastellstudien und Tuschezeichnungen mit nach Hause, in denen er diese "Expeditionen" dokumentierte.
Das war also sein Weg. Berberich ging ihn trotz mancher Irritationen und Verunsicherungen im Grunde konsequent und unbeirrt bis zu seinem Tod: Er starb nach kurzer, schwerer Krankheit im Sommer des Jahres 1990, kurz vor seinem 81. Geburtstag.
Michael Kühr
Redaktion: Oranna Dimmig, Claudia Maas
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