Otto Häusser, Trinkbrunnen, 1927, Krokodile, Betonguss, ca. 1,35 m
Albert Haberer, Dieter Wingertszahn, Stele und Kranich, Ergänzung 1999, Stahl, ca. 3,60 m
Auf dem Schulhof des St. Wendeler Gymnasium Wendalinum steht ein Trinkbrunnen, der zusammen mit dem Schulgebäude entstand, als das Saarland Mandatsgebiet des Völkerbundes und einer internationalen Regierungskommission unterstellt war. Das Schulhaus des Kölner Architekten Hans Zingeler und der Brunnen des saarländischen Bildhauers Otto Häusser sind Teil eines Gesamtkunstwerks, das den Anspruch erhob, Klarheit, Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit auszudrücken.
Mit der Errichtung des Gymnasialneubaus in St. Wendel 1926 bis 1928 entstand "eine mustergültige Pflanzstätte deutscher Wissenschaft an der Saar", bzw. "eine neue Pflanzstätte humanistischer Bildung" (Festschrift 1928, Vorwort Dr. Miesges). Der Vorgängerbau, das ehemalige "Königliche Gymnasium", war in einem 1877 noch für das Progymnasium errichteten Gebäude in der Gymnasialstraße untergebracht, das aber schon lange nicht mehr den Ansprüchen genügte, so dass ein Neubau geplant wurde (Kretschmer 3. Bd., S. 13). Bereits 1915 war ein Grundstück an der Werschweilerstraße, einem von der Stadt beschafften Gelände gegenüber dem Friedhof, ins Auge gefasst worden.
"Ministerialdirektor Dr. Colling widmete der Frage des Neubaues seit Beginn seiner Amtstätigkeit die größte Aufmerksamkeit und förderte sie mit regstem Eifer. Bereits 1920 leitete er Verhandlungen, den Neubau betreffend, in die Wege und ließ Mittel dafür in den Etat einsetzen" (Festschrift 1928, S. 24-25). In einer Sitzung der Regierungskommission 1924 wurde einem Antrag der Schulabteilung, den Schulneubau und einen Wettbewerb zu genehmigen, stattgegeben wegen folgender Begründung der Antragsteller: " ...dass angesichts der Bedeutung des Baues nur ein Plan zur Ausführung gelangen dürfe, der Zweckmäßigkeit, neuzeitliche Hygiene und künstlerische Wirkung in sich vereinige" (Festschrift 1928, S. 25). 177 Entwürfe gingen 1924 bei einer räumlich nicht begrenzten Ausschreibung ein, die in der Aula des Saarbrücker Ludwigsgymnasiums zur allgemeinen Einsicht aushingen. Zur Ausführung gelangte der Entwurf "Jugend" des Kölner Architekten Hans Zingeler, der auch die künstlerische Oberleitung inne hatte. "Die farbige Behandlung des Neubaues lag bei Herrn Professor Grewenig, dem Direktor der Kunstschule Saarbrücken, in guten Händen" (Festschrift 1928, S. 27).
Über einem Sockelgeschoss aus Sandsteinfugenmauerwerk erhebt sich der dreigeschossige Hauptbau, an den sich nach Norden und Süden jeweils ein Querflügel anschließt, so dass Ost- und Westfassade jeweils durch zwei Risalite mit barock geschwungenen Giebeln eingefasst sind und sich eine Fassadenbreite von etwa 92m ergibt. Nach Westen sind zwei niedrigere Flügel, im Süden die Turnhalle und im Norden die Aula, angebaut, welche einen 3000 qm großen Schulhof begrenzen. Bekrönt werden alle Flügel mit Schieferwalm- und Satteldächern und einem mittleren Uhrturm mit Belvedere auf dem Mittelflügel. Die Gliederung der einzelnen Fassaden ist symmetrisch aber nicht einheitlich, sie ist zweckmäßig und funktional auf die Bauaufgabe ausgerichtet. Entstanden ist eine stilistische Einheit zwischen Fassadengliederung und Innenraumfunktion. Die Ostfassade des Mittelbaus, zur Werschweilerstraße hin, an der sich die langen Schulflure befinden, zeigt mit ihren vier scharfkantigen Dreieckserkern, die einzig Solbank- und Geschossgesimse zwischen den Fenstern aufweisen, eine eher vertikale Gliederung. Die Gliederung der Risalite betont mit ihren rhythmisch über Solbankgesimsen zusammengefassten Fenstergruppen - abgesehen von der vertikalen Eckquaderung - eher den Aspekt der Waagerechten. Die Westfassade des Mittelbaues, hinter der die wichtigsten Schulräume, die Klassenzimmer, beherbergt sind, ist rhythmisiert durch über Solbankgesimsen zusammengefassten Fenstergruppen (insgesamt 26 Fenster), die jedoch in ihrer Gesamtheit eine horizontale Gliederung in Fensterbahnen betonen. Dagegen wird an der Westfassade der Risalite durch die bis in den Giebel hinein reichende mittlere Fensterachse sowie durch die zum Schulhof hin gerichteten senkrechten Fensterbahnen ganz deutlich ein vertikaler Aspekt betont. Die Fassade des Nordflügels, zur Schorlemerstraße hin, zeigt ebenfalls eine abwechslungsreiche Gliederung. Hier befinden sich der Haupteingang zur Schule, der Portikuseingang zur Aula sowie ein Treppenturm mit Spitzhaube zur Erschließung der Aulaempore. Über eine breite einläufige Treppe gelangt man durch drei Rundbogenportale mit künstlerisch gestalteten Oberlichtern und Wandleuchten ins Foyer. Die waagerechten im Solbankgesims zusammengehaltenen Fensterbahnen der beiden darüberliegenden Geschosse stehen im Spannungsverhältnis zu den senkrechten Fensternischen der Aula.
Durch den Portikus bzw. außen am Nordflügel entlang gelangt man auf den Schulhof, dessen "Zierde der Trinkbrunnen, das Werk eines Schülers der Kunstschule Saarbrücken, bildet. Er stellt sich dar als eine kubisch aufgebaute Säule, die durch eine Reihe von ruhig und geschlossen behandelten Figuren belebt ist. Eine Gruppe von kleineren und größeren Reihern hat sich vor einer Anzahl nach ihnen schnappender Krokodile auf die höchste Spitze der Säule gerettet" (Festschrift 1928, S. 31).
Der Trinkbrunnen ist das Werk des Bildhauers Otto Häusser, der bis 1928 Schüler an der Staatlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule Saarbrücken war und höchst wahrscheinlich vom damaligen Rektor Prof. Fritz Grewenig für diese Arbeit vorgeschlagen wurde. Das noch vorhandene Stelenfragment aus Betonguss mit sechs Krokodilen, die über einen sechseckigen flachen, sich zum sechszackigen Pfeiler verjüngenden Sockel im Becken aufsteigen, ist datiert in das Jahr 1927. Drei kleinere mit Fontänendüsen ausgestattete Krokodile klammern sich jeweils im Wechsel mit drei größeren an den Pfeilerzacken fest, um sich nach oben der Beute entgegen zu ziehen. Eine Abbildung des Brunnens in der Schulfestschrift von 1928 zeigt, dass sich die Sternform des Sockelfragments fortsetzte, indem sie sich nach oben über den kleinen Krokodilen in drei Stufen und über den großen Krokodilen in zwei Stufen verjüngte. Die Stele spitzte sich weiter zu in den hochgereckten Hälsen zweier sich eng aneinanderschmiegender Reiher. Je nach Lichteinfall bildeten Beckenrand und Brunnenstele ein expressionistisches Bild von Lichtfeldern und Schlagschatten.
Albert Haberer und Dieter Wingertszahn, beide in St. Wendel ansässig, ersetzten 1999 die (ohne Not entfernte!) ehemalige Brunnenstele über dem Krokodilsockel durch eine etwa 2,80 m hohe, blau lackierte Stahlsäule über dreieckigem Grundriss, die sich aus drei jeweils nach einer Seite überstehenden Stahlplatten zusammensetzt. Bekrönt wird die blaue Stele in Anlehnung an das ursprüngliche Stelzvogelpaar von einem blauen stilisierten Kranich. Mit ausgebreiteten Flügeln balanciert er über seiner Schwanzspitze, im "Kranichtanz" sozusagen, und richtet seinen Blick zur westlichen Schulfassade mit den dahinter befindlichen Klassenzimmern, als wollte er sich in seiner ganzen Symbolhaftigkeit zeigen, der Vorsicht und schlaflosen Wachsamkeit, die er in der Heraldik symbolisiert.
Bibliografie
Margarete Wagner-Grill
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
---|---|---|---|
je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: