Nina Jäger
Außen: Raum (Kafka, Blanchot, Joubert), 2010
Bleistift und Acryllack, 120 x 80 cm, Stiftung der Künstlerin
Kunsthöfe im Ravelin I
Laboratorium
Institut für aktuelle Kunst im Saarland
Choisyring 10
Nina Jäger setzt mit ihrer Arbeit "Außen: Raum (Kafka, Blanchot, Joubert)" im rechten Innenhof den Schlusspunkt der Präsentation auf dem Ravelin I. Es ließe sich auch sagen, dass diese Arbeit in gewisser Weise die Ausstellung "resümiert". Auf der Wand, die den Innenhof nach außen abschließt, hat Jäger ein 120 x 80 cm großes Rechteck mit Klarlack überzogen. In dessen oberer Hälfte sind die Texte: "Er sah aus dem Fenster."vund etwas abgesetzt darunter: "Im Monat Januar: Die weißen Flecken von Schnee / hie und da im aufgetauten Grün verstreut." mit Bleistift schraffiert. Sigurd Rompza begreift seine Arbeiten als Objekte für Seh-Handlungen; Nina Jägers Arbeit lässt sich analog dazu als Objekt für Wahrnehmungshandlungen ansprechen. Dem Besucher ist auf seinem Rundgang hier noch die Arbeit Eugen Gomringers im Gedächtnis; Jägers Wand-Bild scheint dem sehr nahe zu stehen. Der wesentliche Unterschied besteht aber darin, dass sich Gomringer auf das beschränkt, was der Betrachter sieht – die Wahrnehmung bleibt hier auf die Elemente begrenzt, die der Künstler zur Verfügung stellt. Nina Jäger erzeugt mit wenigen Mitteln ein Wahrnehmungssystem, das über das materiell und visuell vorhandene, das Objekt selbst, hinausgeht. Die Form des Rechtecks und die erste Textzeile rufen den Begriff "Fenster" auf: Öffnung, Hinaussehen, Innen – Außen. Der Titel der Arbeit erweitert die Assoziationsketten: "Außen: Raum". Der Hof ist neben dem umbauten Raum des Laboratoriums ein Außenraum, der vom einer Mauer/Wand umschlosen ist; hinter der Wand (außen) ist: Raum. Die Wand ist eine weiße Fläche, die möglicherweise Öffnungen haben könnte, durch die etwas anderes (grün) sichtbar würde – vielleicht… Nina Jäger erweitert die Wahrnehmungs-Handlung zur Imagination, laut lexikalischer Definition "die Fähigkeit mittels visueller Vorstellung Bilder im Geiste zu entwickeln oder sich an solche zu erinnern und diese mit dem inneren geistigen Auge visuell wahrzunehmen." Der im Titel der Arbeit genannte Maurice Blanchot weist in seinem Roman "Thomas der Dunkle" auf das Bibelzitat hin: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." Ergänzen möchte man: "Selig sind, die sehen und trotzdem glauben können". So fügt Nina Jäger dem Vokabular der Konkreten Kunst noch einmal Imagination und Poesie hinzu. Der im Titel der Arbeit ebenfalls erwähnte Franz Kafka schreibt in seinem Roman "Der Prozess": "Er ging zum Fenster und sah noch einmal auf die dunkle Straße”.
Michael Jähne
Biografie:
Nina Jäger
geboren 1972 in Saarbrücken
1995-2000 Studium der Freien Kunst/Plastik an der Hochschule der Bildenden Künste Saar bei Wolfgang Nestler, Maria Nordman und an der Kunsthochschule Berlin Weißensee
bei Inge Mahn
1997-98 Projekt Ausstellungsraum-SB
2000 Diplom
Meisterschülerin bei Wolfgang Nestler
seit 2010 Ph.D. Programm (ABD) an der European Graduale School, Saas Fee (CH)
lebt und arbeitet in Saarbrücken
Bibliografie:
Jo Enzweiler (Hg.): Laboratorium - Institut für aktuelle Kunst im Saarland. Kunsthöfe im Ravelin I. Saarbrücken 2011
Redaktion: Claudia Maas
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