Wolfram Huschens
"Der Kreislauf des Geldes", 1967 und 1979
Fensterverkleidung, zweiteiliges Aluminiumgitter, signiert
ursprünglich Zentralkasse Saarländischer Genossenschaften,
aktuell Saarland Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz
Ursulinenstraße 8-16
Saarbrücken-St. Johann
Als die Zentralkasse Saarländischer Genossenschaften eGmbH, Saarbrücken in den 1960er Jahren einen Neubau in der Ursulinenstraße plante, vertrat der Bauherrn die Auffassung, dass die "Kunst am Bau von der Konzeption her nicht Anhängsel, sondern integraler Bestandteil" sein sollte (zitiert nach Saarheimat 1967, 12, S. 384). An der ebenmäßigen, mit gotenrotem Granit verkleideten Hauptfassade des von Albert Dietz und Bernhard Grothe entworfenen Gebäudes, das 1967 eingeweiht wurde, sollte die große Fensterfläche des Erdgeschosses sowohl ästhetisch als auch funktional geschlossen werden. Der beauftragte Künstler Wolfram Huschens stand vor der Aufgabe, das Fenster nach außen optisch zu schließen, dabei jedoch ausreichend Tageslicht nach innen in die dahinter liegende Schalterhalle dringen zu lassen. Zudem sollte das Publikum vor indiskreten Blicken von der Straße geschützt werden.
In Zusammenarbeit mit den Auftraggebern, den Architekten und den Saar-Metallwerken realisierte Huschens 1967 eine Art Gitter, das sich in mehreren Schichten außen und innen über das Fenster legt und dessen Elemente über der Oberfläche der raumhohen Glasscheiben zu schweben scheinen. Die Plastik besteht aus einer Vielzahl von bogenförmigen, klammer- und hakenartigen Körpern aus Leichtmetall, die spiralförmigförmig um die Fenstermitte angeordnet sind und den Eindruck erwecken, als würden sie sich von dem Zentrum wegbewegen und gleichzeitig von dem Zentrum angezogen werden. Es entsteht der Anschein einer rotierenden Bewegung, einer sich drehenden Spirale.
Den Guss übernahm die Abteilung Leichtmetallgießerei der Saar-Metallwerke. Als Legierung wurde "Anticorrodal" (Normlegierung G-Al Si5 Mg) gewählt, eine Entscheidung, die auf die damals herrschende Luftverschmutzung in Saarbrücken reagierte. Zur Herstellung wurde für jedes einzelne Segment eine Form aus Styropor angefertigt, das beim Guss verdampfte. Dieser Vorgang in Verbindung mit der Struktur des Styropors erzielte die gewünschte raue, unregelmäßige Oberfläche der einzelnen Elemente. Grundlage für die Befestigung am Fenster war Huschens Montageplan, nach dessen Vorgaben die Leichtmetallsegmente an den Fensterrahmen verschraubt wurden.
Wie vom Bauherrn formuliert, soll "die Plastik in ihren gegenläufigen Spiralen den Kreislauf des Geldes und mit seiner zentrierenden Anordnung Aufgabe und Organisation der Zentralkasse versinnbildlichen" (zit. nach Saarheimat 1967, 12, S. 384). Die Fensterverkleidung wurde in einen gewollten Kontrast zur sonstigen Außenhaut der Fassade gesetzt. Dies gilt ebenso für den Gegensatz, der zwischen der aufgelockerten Spiralform der Plastik und den gleichmäßigen linearen Verläufen der Fassade besteht, wie für den Gegensatz, der zwischen der schroffen Oberfläche der Leichtmetall-Segmente und der polierten Oberfläche der Stein-Verkleidung herrscht.
1979 entwarf Wolfram Huschens für den Erweiterungsbau der Bank eine zweite Fensterverkleidung. Bei dem Anbau ist im Unterschied zu dem 'Altbau', dessen Fassade ansonsten weitergeführt wird, die gesamte Erdgeschosszone durchfenstert. Entsprechend breiter ist die Fläche, für die Huschens eine dem "Kreislauf des Geldes" entsprechende Plastik verwirklichen sollte. In Form und Oberflächenstruktur nahm er die Segmente seines Entwurfes von 1967 auf. Wiederum legt sich die Fensterverkleidung mehrschichtig über die Glasscheiben. Die Komposition weicht indessen deutlich von der des Vorbildes ab. Die konvexen Seiten der Segmente sind bei dem Erweiterungsbau zur Mitte des Fensters gerichtet, weswegen ihr jeweils anzunehmender Mittelpunkt in Richtung Fensterrand liegt. So kann die Anordnung als zwei halbe Spiralen gelesen werden, die gegenläufig um ein jeweils eigenes, außerhalb des Bildfeldes (Fenster) gelegenes Zentrum kreisen und deren Ausläufer sich unterhalb und oberhalb der Fenstermitte berühren. Huschens greift die inhaltliche Vorgabe von 1967 auf, setzt sie formal indessen gegensätzlich um. Die geschlossene Form der Spirale des ersten Entwurfes wird aufgebrochen und in eine offene Form von zwei Halbspiralen geführt.
Ähnlich singulär wie die von Wolfram Huschens entwickelte Fensterverkleidung dürfte der Vorgang sein, dass Jahre nach dem ersten Auftrag derselbe Künstler für das Erweiterungsgebäude nochmals mit dem Entwurf für die Kunst am Bau betraut wurde. Konsequent wie die Weiterführung der Fassadengliederung von Dietz und Grote wurde auch die Gestaltung der Erdgeschossfenster fortgeschrieben und damit die Auffassung des Bauherrn, dass Kunst am Bau nicht Anhängsel sondern integraler Bestandteil sein sollte, bekräftigt.
Die Metallplastik von Wolfram Huschens "Kreislauf des Geldes" wurde 2007 als Einzeldenkmal in die Denkmalliste des Saarlandes aufgenommen.
Bibliografie
Oranna Dimmig
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
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