Die Haltung Hans Rollmann ist Innenarchitekt und Architekt, er war Hochschullehrer und Präsident der Architektenkammer, er ist Kämpfer für die Baukultur und er prägt mit seinen Bauten das Saarland. Seine architektonische Haltung ist Resultat seiner Biografie und Konsequenz eines über ein halbes Jahrhundert gelebten Gestaltungswillens. Architektur kann als Ausdruck des Zeitgeistes verstanden werden – dann unterwirft sie sich diesem voll und ganz, und das Bauen wird womöglich zum Spielball der Moden und zum Opfer der Trends. Derlei Architektur wird ganz selbstverständlich zu einer gestalterischen Ausdrucksform, deren Halbwertszeit denkbar gering ist, und deren Bedeutung selten über ein Jahrzehnt hinaus reicht. Für Architekten, die mit ihrem Schaffen aber ein halbes Jahrhundert überspannen, gerät eine solche Haltung im schlechtesten Falle zum ernsthaften biografischen Problem. Denn ihr Werkverzeichnis wird zum Abbild von kurzlebigen Ismen und muss regelmäßig überarbeitet und von gebauten Irrwegen bereinigt werden. Erstaunliche Lücken in der Aufzählung der Bauten zeugen dann von einer gestalterischen Flexibilität, die der Architektur eigentlich fremd sein sollte. Eine "Haltung" wird in solchen Lebenswerken dann schmerzlich vermisst. Im besten Falle jedoch – wie bei Hans Rollmann – bleibt ein Lebenswerk von solchen Problemen vollständig verschont. Denn eine architektonische "Haltung" prägt sein gesamtes Lebenswerk und damit auch das Werkverzeichnis des von ihm geleiteten Büros. Dies ist vor allem das Glück eines beruflichen Lebensweges, der in seiner Stringenz so zwar am Anfang der Biografie kaum zu erwarten war – nach mehr als sechs Jahrzehnten der gestalterischen Berufstätigkeit aber unübersehbar ist. Grundlegende Lebensüberzeugungen sind zumeist das Resultat von Erfahrungen, die sich tief und unverrückbar in den Charakter eines Menschen einprägen.
Bei Hans Rollmann war es das Schicksal einer komplexen Kindheit. Er wuchs in den Kriegsjahren als Sohn eines Wehrmachtsoffiziers auf, der als Vater jahrelang unsichtbar blieb. Darauf folgte dann eine Jugend als Kind einer "schuldig geschiedenen" Mutter. Im restaurativen Klima des Deutschlands der Nachkriegszeit bot eine Pubertät unter diesem Makel denkbar wenig Sicherheit und Orientierung. Statt im Schoß einer bäuerlichen oder bürgerlichen Existenz mit traditionellen Strukturen, die es entweder zu leben, oder im jugendlichen Aufbruch zu überwinden galt, sah sich der 12-jährige Hans an den Rand der kleinstädtischen Gesellschaft gedrängt. Ständiger Wandel und unklare Lebensperspektiven standen anstelle der klaren Orientierung. Und wo sich überall sonst aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges recht schnell wieder satter Wohlstand entwickelte, da blieb im Hause Rollmann die Armut noch über viele Jahre der Normalzustand. Die frühen Phasen der aufkommenden Wegwerfgesellschaft lernte Hans Rollmann nicht kennen. Den "Wert der Dinge" zu schätzen, dies blieb ihm deshalb zeitlebens erhalten. Als ältester Sohn geriet er in die Rolle des Familienernährers. Nie erlebte er den Lohn seiner Arbeit. Und diese Arbeit war ihm zudem immer ungeliebt. Denn die Schreinerlehre hatte eher das Ziel, zum notwendigen Broterwerb zu werden. Geschwister und Mutter wollten ernährt sein. Diese Ausbildung war – aus heutiger Sicht ist dies kaum noch nachvollziehbar – jedenfalls niemals Ausdruck einer bewussten Neigung. Und doch wurde sie Basis seiner Kariere. Wer das selbstständige architektonische Werk von Hans Rollmann betrachtet, dem wird rasch klar, dass es die bauliche Reflexion dieser frühen Prägungen ist. Es ist das Resultat gebündelter Lebenserfahrungen und die Konsequenz eines Lernprozesses, der nur auf den ersten Blick nichts mit Architektur zu tun hat. Wer sich vor allem den Wohnbauten Rollmanns analytisch nähert, der stellt fest, dass er Wohnräume für Nutzer nicht auf Basis von wechselnden "Ismen" entwarf, die in den 1950er und 1960er Jahre an die deutsche Vorkriegsmoderne anknüpften, das war indes nur konsequent. Die Architektur der Nazizeit hatte alternative Gestaltungsformen zunächst vollständig desavouiert. Die Arbeit am Projekt der Moderne ging weiter. Hans Rollmann trug als junger Architekt seinen Teil dazu bei – und tut dies bis heute.
Die Regeln der Moderne kamen ihm dabei äußerst zupass. Denn in deren Klarheit, Struktur, Reduktion und gesellschaftspolitischem Ansatz fand sich all das, wonach er immer suchte, was er vermisste und was ihm nun an architektonischen Ausdrucksformen zur Verfügung stand. Er blieb der Moderne deshalb auch weiterhin treu, als andere kurzzeitig auf postmoderne Irrwege gerieten oder die Architektur dekonstruierten. Diese Treue wurde auch für seine Wahlheimat Saarland zum Glücksfall. Denn der Großteil seiner Bauten steht in diesem kleinen Bundesland mit der großen Identität. Und da Architektur als identitätstiftende Form der angewandten Kunst eine besondere öffentliche Verantwortung hat, nahm Hans Rollmann diese immer äußerst ernst. Er definiert sein Tun nicht als künstlerische Selbstverwirklichung, sondern als öffentlichen Auftrag im Dienst der Allgemeinheit. Das Resultat sind Bauten ohne Verfallsdatum. Und viel mehr kann sich die Öffentlichkeit nicht wünschen. Hans Rollmann nahm seinen öffentlichen Auftrag noch in anderer Weise ernst. Er wirkte in der Lehre und er vertrat die Anliegen der Architektenschaft in der Architektenkammer – auf Landesebene ebenso wie im Bund. Der langjährige Präsident der Architektenkammer des Saarlandes ist nun deren Ehrenpräsident. Auf nationaler Ebene wirkte er als Vize-Präsident der Bundesarchitektenkammer, als Preisrichter und in vielen anderen Funktionen. Vor allem aber verteidigte er die Position des klassischen Architekten gegen die Dominanz investorengetriebenen Städtebaus und das verantwortungsvolle Qualitäts-Handwerks gegen den Niedergang der Baukultur durch unkontrolliertes Generalunternehmertum. Mit seinem Studium baute er auf seine handwerklichen Grundlagen auf. Denn nach der Schreinerlehre folgte der Meisterbrief und schließlich das Studium an der damaligen Saarbrücker Werkkunstschule, die sich dem Bauhaus verpflichtet fühlte. Diese innenarchitektonische Ausbildung ordnete beim jungen Hans Rollmann die prägenden aber unstrukturierten Jugenderfahrungen und leitete sie in die klaren Bahnen der Moderne. Sie förderte eine Sensibilität für den Werkstoff und die Materialität der Oberfläche, in der Innenarchitektur und Architektur wieder vereint werden. Und diese Überzeugungen gab er als Lehrer an der Saarbrücker Hochschule für Technik und Wirtschaft an Generationen von Architekturstudenten weiter.
Die Projekte, die Materialien Hans Rollmanns architektonischer Werdegang reflektiert sich in seinen Projekten. Seine architektonische Haltung spiegelt sich in der Materialität seiner Bauten. Und die Konsequenz seiner Architektur ist Resultat einer vielseitigen Betrachtungsweise, die letztlich zu einer dauerhafter Gestaltungssprache führte. Hans Rollmann ist Generalist und zugleich Spezialist für das große Ganze. Eine Spezialisierung auf eine bestimmte, eng begrenzte Bauaufgabe, setzte bei ihm nie ein. Er vermied damit die zwangsläufig oft anzutreffenden Scheuklappen eines Krankenhaus-Architekten, eines Kollegen, der allein den großen Maßstab des Industriebaus wählte oder eines reinen Innenarchitekten, der sich berufsbedingt auf Interieurs spezialisiert. Hans Rollmanns Spektrum blieb breit. Es umfasst das komplette architektonische Spektrum vom Hochbau über die Innenarchitektur bis hin zu künstlerischen Einzelobjekten – und hat dennoch als Zentrum und Ausgangspunkt jene Bauaufgabe, die verantwortungsvolle Architektur von jeher besonders auszeichnet. Denn der private Einfamilienhausbau kommt dem Menschen und seinen Bedürfnissen naturgemäß am nächsten. Er benötigt Einfühlungsvermögen für die Bedürfnisse des Nutzers der hier immer auch zugleich Auftraggeber ist. Er bedarf eines gewissen pädagogischen Geschicks, um den Bauherren von gestalterischen oder funktionalen Vorurteilen ab zu bringen und ihn behutsam auf den Weg in eine wirklich zu seinem gegenwärtigen und vor allem künftigen Leben passenden Architektur zu führen. Und es verlangt die Fähigkeit, die eigene Entwurfshaltung zwar zu bewahren, sie aber zugleich immer wieder aufs Neue an den Möglichkeiten des Bauherren auszurichten. Dementsprechend konsequent und zugleich undogmatisch sind deshalb auch die Wohnbauten von Hans Rollmann – und dessen gesamtes Werk. Allesamt fußen Sie auf den Prinzipien der klassischen Moderne – ohne diese sklavisch anzuwenden und alle Bauherren über denselben Kamm zu scheren. Ein vorausgehender Blick auf die Einfamilienhäuser Hans Rollmanns führt folgerichtig weiter zu seinen anderen Bauten.
Wohnhäuser Eine zeitgemäße Interpretation der klassischen Moderne findet sich gewiss in den Häusern Landwehr, Büttner und Kunkel. Breit gelagert, mit Wand-Scheiben, Kuben und Stützen strukturiert ist das Haus Büttner in Zweibrücken aus dem Jahr 2002 ganz sicher ein herausragendes Beispiel für eine kritische Neo-Moderne, die nicht auf modische Abwege geraten ist. Das nur ein Jahr früher entstandene Haus Scheer in Dudweiler ist eine Variation desselben Leitmotivs, ebenso wie das Haus Landwehr in Saarbrücken aus dem Jahr 2008. Freistehend auf einem geeigneten Grundstück, ohne Bestandsbauten und mit angemessenem Budget ließen sich hier zur Straßenseite hin introvertierte Fassaden und zum Garten großzügige Öffnungen realisieren. Doch auch mit weniger idealen Ausgangsbedingungen entstanden angemessene Architekturen für den privaten Bauherren. Das Haus Hodapp in Saarbrücken aus dem Jahr 2009 hat durchaus klassizistische Anklänge – und rutscht dennoch nicht in eine plumpe Postmoderne ab. Dass sich Qualität vor allem über die Langstrecke beweisen muss, zeigt sich beim Haus Omlor in Homburg, das bereits im Jahr 1989 entstand. Diesem Projekt sieht man sein Entstehungsdatum durchaus an – und dies ist auch erlaubt – es ist dennoch von zeitlosen Prinzipien geprägt, die es auch nach Jahrzehnten noch nicht veraltet aussehen lassen. Denn gerade private Wohn-Architektur darf sich nicht kurzlebigen Moden unterwerfen, die heute top modern aussehen und spätestens übermorgen top unmodern. Dazu trägt auch die Auswahl der Materialien bei. Hans Rollmann scheut die Farbe, lässt Licht und Schatten ihre Wirkung entfalten. Weiße Wände, Glas, Böden aus Naturstein oder Holz sowie Edelstahl bei den begreifbaren Elementen wir Treppenläufen oder Geländern machen seine Projekte widerstandsfähig gegen den Stress der täglichen Nutzung . Diese Art der Innenarchitektur will nicht dominieren. Sie lässt dem Nutzer den Raum, vor dieser zurückhaltenden Bühne seinen ganz persönlichen Lebensentwurf zu entfalten.
Bauen im Bestand und denkmalgerechtes Bauen Das Saarland als altes Industrierevier birgt naturgemäß einen reichen Schatz aus gründerzeitlichen Industriellen-Villen. Diese Häuser sind Teil der saarländischen Identität und werden durch Hans Rollmann sensibel und verantwortungsvoll saniert – sei es mit der neuen Nutzung als Bürogebäude oder auch als Wohnraum. Das Gebäude von Dacos Software in St. Ingbert ist hierfür ein Beispiel – ebenso das Jugenstil-Haus Kröber-Riel in Saarbrücken. Beiden Gebäuden wurde nicht zwanghaft eine zeitgebundene Architektur aufgedrückt. Stattdessen wurden sie in ihren prägenden Details stilsicher saniert. Die Villa Nardi in Homburg ist ein besonders schönes Beispiel für diesen bewahrenden, weil die Volumen neu nutzbar machenden Umgang mit alter Bausubstanz. Das herrschaftliche Anwesen wurde 2006 komplett überarbeitet. Mit seinen strukturierten Oberflächen Innen wie Außen, dem wertvollen Parkett und den getäfelten Wänden atmet es vollständig den alten und neuen Anspruch der Bewohner. Gezielte innenarchitektonische Eingriffe und eine zeitgemäße Gestaltung der Küche bewahren das Haus jedoch davor, in musealer Atmosphäre zu erstarren.
Innenarchitektur Bei seinen Innenarchitektur-Projekten spielt Hans Rollmann seine ganzen Stärken aus – und hier wird auch sein Werdegang nachvollziehbar. Der kleine Saal der Saarbrücker Kongresshalle mit den schuppenartig geschichteten Holzelementen macht klar, dass Hans Rollmann seine Wurzeln in der handwerklichen Holzbearbeitung nicht vergessen hat. Ein echter "Hölzerner" ist er dennoch nicht. Denn dieser Werkstoff wird nur dort eingesetzt, wo er seinen Platz und seine Berechtigung hat. Überall sonst dominieren Rollmanns Lieblingswerkstoffe Edelstahl, Glas und mineralische Oberflächen. Seine Innenarchitekturen inszenieren sich niemals selbst. Sie bieten Bühnen, auf denen die jeweiligen Themen inszeniert werden können. Sei es nun das private Leben oder die Öffentlichkeit eines Restaurants. Sehr früh geschah dies im "La Touraine" , das noch für die 1970er und 1980er Jahre steht, und später zum Restaurant "Roma" umgearbeitet wurde. Hier besitzt das Lokal durchaus dekorative Elemente, diese werden aber so sparsam und raumbildend eingesetzt, dass die Halbwertszeit der Raumgestaltung mindestens der Lebensdauer eines Restaurantkonzeptes entspricht.
Bürobauten, Industrie- und Verkehrsarchitektur In seinen Bürobauten und Industrieanlagen setzte er die Anforderungen des Bauherren souverän und völlig ohne modische Attitüde um in Architekturen, die sich wohltuend aus dem bezugs- und anspruchslosen Einerlei der Industriearreale abheben. Wie rettende Inseln stehen sie in den Gewerbegebieten des Saarlandes und erinnern daran, dass Industriebau kein Monopol der Systembauanbieter sein darf. Mit seinen Verkehrsbauten ging er bewusst ganz eigene Pfade, die nicht immer auf geradem Weg zum Ziel führen mussten. Beispielhaft genannt sei hier die aus einem gewonnenen Wettbewerb hervorgegangene Fußgänger-Brücke in Lebach aus dem Jahr 2008. Hier wird die Überquerung des Flüsschens Theel plötzlich mehr als nur eine rein verkehrstechnische Problemlösung. Statt ökonomisch optimiert kerzengerade zu sein, hat die Brücke eine auf den ersten Blick völlig überflüssige doppelte Krümmung. Die Fußgänger werden nicht auf dem schnellsten Wege sondern in den eleganten Bögen einer flachen S-Kurve über das Gewässer geführt. Diese Wegeführung fordert zwangsläufige Perspektivwechsel. Die gleiche Umgebung wird in der Konsequenz immer wieder anders wahrgenommen. Das Resultat einer Flussüberquerung bleibt letztlich dasselbe – doch die Passage wird vom Fußgänger plötzlich als Bereicherung erfahren. Die Brücke lässt auf diese einfache Art den Weg wieder zum Ziel werden. Dieser architektonische Perspektivwechsel ist fast sinnbildlich für Hans Rollmanns Lebensweg. In seiner Biographie betrachtete er die Dinge stets aus verschiedenen Blickwinkeln. In der architektonischen Konsequenz daraus führte diese umfassende Beschäftigung zu einer immer wieder neu gefestigten Gestaltungs-Haltung und baulichen Resultaten, die über den Tag hinaus ihre Gültigkeit behalten.
Dietmar Danner
Quellen
Privatpersonen | Schüler*innen, Studierende | Praxen, Kanzleien, gewerbliche Einrichtungen und Firmen | |
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je Kunstwerk | 50 € | 30 € | 80 € |
Für alle Entleiher gilt: