Heinz Oliberius wird am 2. Oktober 1937 in Teplitz-Schönau geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden er und seine Mutter, sein Vater war im Krieg gefallen, nach Arnoldshain im Taunus bei Frankfurt zwangsumgesiedelt. Dort besucht er die Volksschule und absolviert im Anschluss eine Steinmetz- und Ornamenthauerlehre bei Bruno Rohde im Marmor- und Natursteinwerk.
Die Steinmetzlehre weckt sein Interesse am Gestalten und am kreativen bildhauerischen Arbeiten und führt zu dem Entschluss, sich an der Städelschule für die Bildhauerklasse von Hans Mettel zu bewerben, wo er 1959 aufgenommen wird. Die in dieser Zeit entstehenden Steh- und Sitzfiguren zeugen von einer Orientierung an Mettels Figurenauffassung und belegen zugleich die Auseinandersetzung mit der Kunst Lehmbrucks und den Kompositionsgedanken Hans von Marées’ und Adolf von Hildebrands.
Insbesondere die Tektonisierung im Figurenaufbau und die Reduktion des Figurganzen auf geometrische Grundformen sind für Oliberius von Bedeutung und bilden die Grundlage für sein weiteres Schaffen.
Nach Abschluss seines Studiums 1965 arbeitet Oliberius bis 1966 in Frankfurt, bevor er anschließend ins Saarland, zunächst nach Neunkirchen und später nach Saal, zieht. Die nächsten Jahre sind von der Suche nach einer eigenen Formensprache und dem Versuch, sich vom Vorbild Mettels zu lösen, geprägt. Es folgen geometrische Arbeiten, die sich durch das spielerische Neben- und Gegeneinander von Kanten und Rundungen auszeichnen. Als ein Beispiel dieser neuen Entwicklung ist die Große Doppelfuge von 1973 vor der Musikhochschule des Saarlandes zu sehen. Die Figur besteht aus zwei identischen Elementen, die leicht gegeneinander versetzt sind. Die Bogenform ermöglicht es Oliberius Raumdurchlässigkeit zu suggerieren und durch die versetzte Anordnung der beiden Elemente zugleich den Aktionsschwerpunkt in die Mitte zu setzen. Oliberius gelingt es beide Tendenzen, d.h. Durchlässigkeit und geballte Aktion zu einem harmonischen Gesamteindruck zu verbinden und zugleich äußerst kunstfertig das Thema der Fuge umzusetzen.
Das Nebeneinander von "weichen" und "harten" Formelementen, wie bei der Vogeltreppe von 1975 und bei der als Aufeinander titulierten Arbeit von 1975, und das daraus entstehende Spannungsverhältnis wird für Oliberius’ Formensprache stilbildend und zur Grundlage für seine späteren Werke. In der Werkgruppe König und Königin beispielsweise findet sich dieses Spannungsverhältnis im Kantigen des Winkels und der wellenförmigen Durchgliederung der Figur.
Ende der 1970er Jahre nimmt die Kunstvermittlung für Oliberius einen immer größeren Stellenwert ein. Von 1977-79 ist er als Kunsterzieher am Willi-Graf-Gymnasium in Saarbrücken tätig und 1978 ist er Dozent für Bildhauerei an der Europäischen Sommerakademie in Luxemburg. Im Zeitraum von 1979-1988 hat er im Fachbereich Design der Fachhochschule des Saarlandes einen Lehrauftrag. Er gibt Zeichenunterricht in der Grundlehre bei Oskar Holweck. Abgesehen von seiner Lehrtätigkeit wird er auch im öffentlichen Raum zu einer festen Größe. So nimmt er 1978 am internationalen Bildhauersymposion in Saarbrücken teil, in dessen Rahmen zwei Steine für den St. Johanner Markt entstehen, und 1986 an der "Straße der Skulpturen". Von 1979 bis 1984 ist er Vorsitzender des Saarländischen Künstlerbundes, dessen Mitglied er bereits 1968 wurde. Zu den Ausstellungen, die er während seiner Amtszeit mitorganisiert, zählt unter anderem die große Jubiläumsausstellung von 1982 zum 60jährigen Bestehen des Künstlerbundes.
Zu Beginn der 1980er Jahre hält eine neue Erfindung Einzug in Oliberius’ Werk: die "Schichtung", d.h. die Entdeckung des Waagerechten und Liegenden im Raum. Die erste Arbeit, die diesem Prinzip folgt, entsteht 1984 und besteht aus acht Einzelteilen, die in den Farben (rot und schwarz), der Form und der Länge leicht variieren. Es folgen Arbeiten wie "Schichtung/Krokodil" und "Steinmumie" von 1988. Obwohl bei diesen Werken die einzelnen Segmente als eigenständige Formen wahrgenommen werden, gelingt es Oliberius durch die Ähnlichkeit und die Abstimmung der Elemente untereinander, dass die Figur als harmonisches Gefüge erscheint.
Während Oliberius für die "Schichtungen" eine "weichere" Formensprache wählt, indem er die Rundungen stärker betont, dominiert in seinen späteren Figurenbildungen die kantige, vom Winkel getragene Komposition. Die Wellenlinie dient dabei als Gliederungseinheit und wird zugleich als Kontrapunkt zur scharfkantigen Winkelform eingesetzt. Eine entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Stehenden von 1988 zu. Mit Hilfe von zahlreichen Zeichnungen und Modellen lässt sich die Entwicklung dieses neuen Figurentyps nachvollziehen. Als Ausgangspunkt dient Oliberius die menschliche Figur, die er schrittweise in die Winkelarchitektur einbettet. Plastische Ausformungen ermöglichen die Gliederung in Fuß-, Rumpf- und Kopfpartie. Die so entstehende Winkelfigur bzw. deren Verdoppelung bildet den Ausgangspunkt für seine Werkgruppe König und Königin, die ein Kernstück seines künstlerischen Schaffens darstellt. Oliberius beschäftigt sich mit diesem Motiv bis kurz vor seinem Tod und es entstehen zahlreiche Variationen in unterschiedlichen Materialien. Die beiden Figuren sind jeweils in strenger Frontalansicht dargestellt. In einigen Ausarbeitungen scheinen sich die Figuren im Unterschied zur Stehenden von der L-Form des Winkels zu lösen und aus der Konstruktion "herauszutreten". Die Vorderseite der Figuren weist eine wellenartige Durchgliederung auf. Diese plastischen Elemente ermöglichen zugleich eine Unterscheidung in König und Königin. Die Gliederungseinheiten der Königin erscheinen "weicher" in ihrer Formqualität, die der Königsfigur grober und großflächiger. In verschiedenen Ausführungen lässt sich eine Gestaltung der Rückwand, d.h. eine Weiterführung des Kopfschmuckes bzw. der Gliederung, feststellen, während sie bei anderen als glatte Fläche erscheint. Sowohl in der Gestaltung der Plinthe als auch im Abstand der Figuren zueinander ergeben sich Unterschiede. Die Mehrzahl der Figuren weist eine getreppte Plinthe auf, wobei die Anzahl der Stufen variiert. Im Gesamteindruck dominiert bei jeder Darstellung das additive Nebeneinander der Figuren und erst durch das gemeinsame Formenvokabular wird der Bezug hergestellt.
Zum Ende von Oliberius’ Schaffenszeit finden sich vor allem kleinfigurige Arbeiten, da es ihm sein gesundheitlicher Zustand nicht mehr erlaubte großformatige Arbeiten in Stein auszuführen. In ihrer Formensprache und Komposition greifen diese Kleinplastiken wichtige Entwicklungslinien auf und verweisen auf frühere Konstruktionen. Die Platzgestaltungen, die in ihrer Formensprache an Monumentalwerke erinnern und an eine andere architektonische Dimension denken lassen, erwecken den Eindruck von "Begehbarkeit". Andere Arbeiten greifen das Thema der Schichtung auf und entsprechen in ihrer Anordnung der Werkgruppe König und Königin.
Als Heinz Oliberius nach langer Krankheit am 31. August 2001 verstirbt, hinterlässt er ein umfangreiches Werk.
Sandra Brutscher
Redaktion: Sandra Brutscher, Oranna Dimmig
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