Alles, was Bild ist – Der Fotograf Gerhard Heisler
Mit Licht zu zeichnen, das war stets das Geschäft von Gerhard Heisler. Doch bestimmte der jeweilige Auftraggeber, ob sein Handwerk in den Dienst der Kunst oder der Nutzanwendung für ein Industrieunternehmen oder eine staatliche Institution trat. Im Auftrag anderer oder in eigener Sache, ob als Industriefotograf oder als Fotokünstler, Gerhard Heisler maß der Bildbearbeitung stets eine entscheidende Rolle zu: Zum Einen, um die Bildqualität zu verbessern. Zum Anderen, um unter der Bildoberfläche verborgene Strukturen sichtbar zu machen.
"Es ist eine Fortsetzung des Zeichnens mit Licht", kommentierte der Saarbrücker Fotograf seine damals neue Werkgruppe "Fluktuationen". Das Jahrtausend neigte sich dem Ende zu, höchste Zeit, etwas Neues zu beginnen. Nach vielen Jahren trat, damals im Jahr 1999 Gerhard Heisler mit freien künstlerischen Arbeiten an der Öffentlichkeit. Dafür hatte er sich das Zweibrücker Schloss gewählt, den heutigen Sitz des Pfälzischen Oberlandesgerichts. Im Jahr darauf war er mit einer Arbeit dieser Werkgruppe, in der die Figur ganz in Bewegung verschwamm, bei der Landeskunstausstellung "Visionen 2000" in der Modernen Galerie des Saarlandmuseums zu Gast. Der Fotograf stellte sich als Fotokünstler vor und trat aus dem Alltag als Industriefotograf heraus, in dem er sich mit seinen Aufnahmen im Land längst einen Rang erarbeitet hat. Dafür erhielt er 2002 das Bundesverdienstkreuz, womit sich ein Kreis schloss, der seinen Anfang in der Stadt Zweibrücken hatte.
Heisler, der 1941 in Mährisch-Ostrau geboren wurde, kam mit seiner Familie als Kind nach Zweibrücken in der Westpfalz. Hier absolvierte er eine Drogistenlehre und kam dabei mit der Fotografie in Kontakt. Denn zum Geschäft einer Drogerie gehörte in den fünfziger Jahren noch das Entwickeln von Fotos. Das Interesse an der Fotografie war geweckt, und er schloss an seine Lehrzeit in der Drogerie eine weitere, in einem Zweibrücker Fotofachgeschäft an. Dort erlernte er das Fotografenhandwerk und legte 1963 seine Gesellenprüfung ab. Während seiner Ausbildung hatte er bereits als Pressefotograf für die heimische Lokalzeitung gearbeitet. Diesem Umstand verdankt sich "das Glück meines Lebens", sagte er einmal. Und das Glück trug den Namen Konrad Adenauer. Kurz bevor er das Amt des Bundeskanzlers abgab, war Adenauer in Zweibrücken zu Gast gewesen. Gerhard Heisler fotografierte diesen Anlass. Es war einer der alltäglichen Aufträge, die im Rahmen seiner Ausbildung verlangt waren. Es war nichts weiter als das Tagesgeschäft eines angehenden Fotografengesellen, der von nun Hochzeitspaare oder auch einmal einen in der Stadt weilenden Bundespolitiker ablichten sollte. Doch dazu kam es dann doch nicht. Gerhard Heisler legte im selben Jahr, in dem er die Adenauer-Aufnahmen gemacht hatte, seine Gesellenprüfung ab. Er nutzte den Einschnitt und entschied sich gegen die Laufbahn des in einer Kleinstadt ansässigen Fotografen und der Aussicht, über die Jahre durch seine Arbeit zum Chronisten des Lebens einer Stadt und ihrer Bewohner zu werden. Dagegen sprach im Grunde nichts, nur sollten der Einsatzbereich ein anderer sein, wusste er und stieß auf eine Stellenanzeige in der "Fotopresse". Man suchte einen Fotografen für das Bundespresseamt in Bonn. Er bewarb sich mit den Fotos von Adenauer. Das war an einem Mittwoch. Am Dienstag der folgenden Woche trat er seinen Dienst an. Man brauchte ihn, denn einer der Fotografen des Bundespresseamtes hatte sich beim Staatsbesuch des äthiopischen Kaisers Haile Selassi verletzt. Das war an einem Sonntag, tags drauf kam der Anruf aus Bonn verbunden mit dem Angebot, gleich am nächsten Morgen mit der Arbeit zu beginnen. Gerhard Heisler wurde darauf einer der sechs Fotografen im Bundespresseamt.
Auftrag: Zeitgeschichte – Motiv: Staatsoberhäupter
Als Fotograf im Bundespresseamt
"Ich war zuständig für qualitativ hochwertige Fotografie", sagt er über die ihm in Bonn zugewiesene Aufgabe. Das heißt, er arbeitete im Großbildformat und hielt damit die hochoffiziellen Begegnungen des Bundeskanzlers mit Regenten und Regierungschefs anderer Länder fest. Darunter auch Queen Elisabeth II., deren Staatsbesuch im Jahr 1965 er in einem später der Monarchin überreichten Fotoalbum ins Bild setzte. Künstlerporträts und vor allem die Dokumentation der Treffen der Staatsoberhäupter gehörten zu seinem Arbeitsalltag. Der fand mitunter hinterm Vorhang statt, wenn davor Kanzler Erhard mit Staatspräsident de Gaulle in Paris an der Banketttafel saß. Schließlich sind Trinksprüche und Festreden nicht minder offizielle Anlässe, die es festzuhalten galt. Allerdings oblag das meist nur einem einzigen Fotografen. Der Zweibrücker Heisler wurde dafür ausgewählt, auch wegen der geographischen Nähe seiner Heimatstadt zu Paris, so seine Erklärung. Das galt unter Erhard wie auch unter dessen Vorgänger Adenauer. Als man den ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik in die Académie Francaise berief, saß dieser, so verlangte es die Zeremonie allein mit Staatspräsident De Gaulle in einem Kuppelsaal. Mit dabei Gerhard Heisler als offizieller und einziger Fotograf, aber "dafür mit den Kameras aller Kollegen", erzählt Gerhard Heisler, der daraufhin mit jeder einzelnen Kamera Aufnahmen machte, damit auch die anderen Fotografen zu ihren Einnahmen und deren Auftraggeber aus ganz Europa zu den bestellten Bildern kamen.
Die Aufnahme, die er am 5. September 1963 von Ludwig Erhard gemacht hat, war in aller Munde: 1987 aus Anlass des 90. Geburtstags Erhards erschien das Porträt als Briefmarke.
Adenauer und Erhard erwiesen sich daher als Glücksbringer. Der erste Kanzler der Bundesrepublik, dessen Porträts einst Heisler nach Bonn geführt hatten, brachten ihn 1967 abermals voran. 1966 quittierte er den Dienst in Bonn und visierte an der Handwerkskammer Hamburg die Meisterprüfung im Fotografenhandwerk an. Doch die war erst 1967 abzulegen, wofür er mit einer Isohelie des markanten Kopfes von Adenauer zur Stelle war. "Mein Meisterstück", sagt Gerhard Heisler und schickt einen wenig zitierbaren Begriff hinterher, der den dafür betriebenen hohen Aufwand und das notwendige handwerkliche Geschick fasst. Denn Isohelie ist ein mühsames Verfahren, um von Hell-, Grau- und Schwarztönen einer Aufnahme zu trennen und wieder neu zusammenzusetzen. Heute ist das mit ein paar Mausklicks schnell getan, aber damals war dafür ein hohes Maß an Erfahrung und Fingerspitzengefühl verlangt.
Die Arbeit war, auch das kurios, beendet an dem Tag, an dem Adenauer verstarb, erinnert er sich. Dazwischen lag jedoch ein Jahr, das er für seine Ausbildung nutzen wollte. Er beschloss, bei dem von Saarbrücken nach Essen an die Folkwang-Schule gewechselten Otto Steinert vorzusprechen. "Ich suchte noch eine Weiterbildung", begründet er diesen Schritt. Steinert, Mentor und Motor der "Subjektiven Fotografie" war nicht abgeneigt, nur sprachen die Bedingungen dagegen. Es hätte bedeutet, über genügend Reserven zu verfügen, um ein fünf Jahre dauerndes Studium zu finanzieren. Zudem war ein Sortiment von Klein- bis Großbildkameras der Marken Leica und Hasselblad Pflicht. Zur Not wäre das zu bewerkstelligen gewesen, doch hatte er an diesem einen Tag in der Klasse Steinerts gemerkt, dass er hier nichts mehr lernen konnte: "Was dort gelehrt wurde, hatte ich gerade drei Jahre lang gemacht: Bildjournalismus."
Ein Jahr der Konzentration - Absolvent der Grundlehre bei Oskar Holweck
Dass er auf dem richtigen Weg, nur am falschen Ort Station gemacht hatte, darüber war er sich gewiss. Seine Schwester, die damals ihr Studium an der Staatlichen Werkkunstschule Saarbrücken abgeschlossen hatte, schlug vor, es dort zu versuchen. Ein Jahr hatte er Zeit, solange lief der von Oskar Holweck geleitete Grundlehre-Kurs. "Sie brauchen dazu eine Aufnahmeprüfung", erklärte ihm der damalige Rektor der Schule, der Grafiker Robert Sessler. Heisler bestand sie und wurde im April 1966 Student der Werkkunstschule. Der Fotograf, der eben noch de Gaulle und die Queen vor der Kamera hatte, saß nun in einem Atelier und zog mit dem Bleistift Linien auf das Papier. Das war kein Rückschritt, sondern eine der wichtigsten Stationen in seinem Leben, bekennt er heute. Es war ein Jahr der Konzentration auf Hell-Dunkel-Kontraste, weiche und harte Formen, die ganze Skala der Wahrnehmung wurde durchdekliniert und fortan war auch der Blick des Fotografen ein anderer.
Holweck, der ein strenger Lehrer war und gegenüber seinen Studierenden nicht weniger unerbittlich als gegen sich selbst, verlangte Genauigkeit und Intensität im Umgang mit dem Material. Den Unterricht habe er gleichsam "genossen und erlitten", lautet die Bilanz Gerhard Heislers. Als ausgebildeter Fotograf leistete er seinem Lehrer Holweck wertvolle Dienste, in dem er dessen Arbeiten dokumentierte und sich "so dessen Werk einarbeitete". Ein Umstand, der später in einem von der Papierfabrik Scheufelen herausgegebenen Kalender mit Abbildungen von Holweck-Arbeiten einen bis heute nachhallenden Eindruck hinterließ. Auch für die von Saarbrücken auf die Reise geschickte Ausstellung "Sehen", die Inhalt und Wege der von Holweck vermittelten Grundlehre ins Bild setzte, war er als Student und Fotograf gefordert.
"Studio Heisler" und "Heisler Imaging" – Vom Visualisieren nicht-sichtbarer Dinge
Für die eigene Arbeit gewann er, erklärte er, "Präzision und Geduld" sowie ein "analytisches Vorgehen", das fortan seine Arbeit bestimmen sollte. 1967 bestand er seine Meisterprüfung und kehrte als freier Mitarbeiter der Landesbildstelle ins Saarland zurück. In deren Auftrag erstellte er Bildmedien für den Unterricht über das Brauchtum der Region und dokumentierte, ganz so wie einst in Bonn, besondere Ereignisse, nun für das Saarland "und zwar in Farbe", betont er, denn das war neu. Doch dann blieb doch wieder alles beim Alten, denn das Geld für die für ihn vorgesehene Stelle wurde gestrichen und die Landesbildstelle für ihn Geschichte.
Nur stand er vor der Entscheidung, wie er weiterarbeiten sollte. Als Student der Werkkunstschule mit absolvierter Grundlehre hätte er weiterstudieren können und mit einem Grafikstudium sein bisheriges Wissen ergänzen können. Zumal die Kombination aus Fotografie und Grafik, die sogenannte "Fotografik" an der Vorgängerschule bereits existierte. Doch dafür sah er damals keinen Weg: "Man kann zwei Berufe nicht 100prozentig ausfüllen. Lass’ das Studium der Grafik sein und konzentriere dich auf die Fotografie", machte er sich klar und gründete noch im selben Jahr in Saarbrücken ein eigenes Studio.
Die notwendigen Kontakte, über die er Aufträge und Kunden gewinnen konnte, hatte er noch von Bonn aus knüpfen können. Von seiner Zeit im Bundespresseamt kannte er den damaligen Pressechef des Saarländischen Rundfunks. Ein erster Kunde war gewonnen, eine Ausstellung über das Saarland machte ihn bekannt. Weitere Kunden meldeten sich. Für die Gesellschaft für Wirtschaftförderung Saar lieferte er die Fotos für eine Publikation, die für den Wirtschaftsstandort Saarland warb. "Das konnte ich wunderbar abdecken", wusste er und griff auf seine aus der Zeit in der Landesbildstelle gewonnenen Erfahrungen mit Land und Leuten zurück. Bald wurde der ehemalige Saarberg-Konzern zu einem wichtigen Kunden, für den er dessen Produkte und Dienstleistungen ins Bild setzte.
Nicht immer waren es handfeste Dinge, die er darzustellen hatte. Als Bites und Bytes, Boten einer modernen Computertechnologie auch für die saarländische Wirtschafts- und Wissenschaftsszene interessant wurden, stellte sich eine neue Herausforderung: Wie setzt man etwas ins Bild, das man im Grunde nicht fotografieren kann, weil es nicht sichtbar ist? Zum Beispiel Software. Hier half ihm seine Erfahrung aus der Grundlehre und seine Versuche in der experimentellen Fotografie weiter. "Visualisieren nicht-sichtbarer Dinge" wurde zu einer Hauptaufgabe und zu einem Geschäftsfeld, für das er eigene Verfahren entwickelte. Darin lag die Stärke seines Studios in den siebziger und achtziger Jahren. Unabdingbar erinnert er, war ihm dabei das analytische Vorgehen, das er bei Oskar Holweck gelernt hatte. Er musste es nun auf ein anderes Arbeitsgebiet anwenden. Keine Kunst, doch nutzte er deren Verfahren, um Leistungen auf dem Feld der Informatik oder die Eigenschaften von Biodiesel ins Bild zu bringen.
Bildbearbeitung - das Handwerk des Fotografen
Ein wichtiges Mittel war dabei die Technik des "Composing", einer in Handarbeit erstellten Montage und Überblendung von Einzelbildern. Heute erledigt das ein handelsübliches Programm im Rechner und ein im Umgang damit geschulter Grafiker. In den siebziger Jahren war der Computer noch lange kein Arbeitsgerät in Design- und Fotostudios. Alles entstand in Kleinarbeit am Leuchttisch des Fotografen: "Das war zu damaligen Zeit einmalig und unglaublich aufwändig", bestätigt Gerhard Heisler.
Dazu gehörte auch, bei Architekturaufnahmen notfalls unvermeidliche, aber nichtsdestotrotz störende Elemente, sei es ein Lichtmast oder eine Mülltonne aus dem Bildraum zu entfernen.
Das geschah in mühsamer Handarbeit, versteht sich. Sie ließ ihm dennoch Zeit, als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule des Saarlandes tätig zu sein, als Sachverständiger für das Fotografenhandwerk zur Verfügung zu stehen und dem Prüfungsausschuss für das Fotografenhandwerk im Pfalz/Saarland vorzustehen.
Der Erfolg des "Studio Heisler" gründete auf fotografischer Akribie. Alles, was Bild ist, wurde sein Geschäft, stets engverbunden mit der europäischen Wirtschaft. Als gegen Ende der neunziger Jahre der Saarberg-Konzern aufgelöst und nun der Ruhrkohle AG angehörte, war ihm einer seiner wichtigsten Kunden verloren gegangen. "Heisler Imaging", so nannte sich das Studio seit 1995 und bekannte damit, dass auch hier mit dem Computer gearbeitet wurde, suchte neue Aufträge und fand sie Maschinenbau-Firmen, Sparkassenorganisationen und Fensterherstellern. Neue Themen brauchten neue Bilder, die er für Kunden auch auf Reisen in die USA fand. Auch auf fototechnischem Gebiet wandte er sich neuen Dingen zu und produzierte als einer der ersten in der Bundesrepublik farbige Fotokopien und Overheadfolien.
Arbeitauftrag: Neue Bildräume gestalten
Mit dem Erreichen des Rentenalters wandte sich mehr dem Fotoexperiment zu. Auch hier war er längst für die reine, aufs Abbildhafte beschränkte Aufnahme verloren. Gerhard Heisler interessierten die "verflixten Fehler", sagt er. Damit blieb er einer in seiner Familie gebräuchlichen Tradition verbunden. Seine Schwester, Margarete Palz hatte seit vielen Jahren bereits An- und Fehldrucke von fotografischen Großformaten seines Studios genutzt, zerschnitten und daraus gewaltige Textilgebilde genäht, wofür man sie international auszeichnete. Seine Schwester hatte die Fotografie in Gestalt von Textilskulpturen buchstäblich von der Zweiten in die Dritte Dimension überführt. Sie nutzte dafür sein Abfallprodukt. Der Bruder wandte sich ebenfalls dem Fehlerhaften zu, nachdem er mit der Werkgruppe "Fluktuationen" die Bildoberfläche bereits aufgerührt hatte. Nun ging der Blick tiefer. "Kapilare-Fraktale" nennt er die neue Werkgruppe, innerhalb der er analoge Bilder über längere Zeit bearbeitet und nicht unähnlich dem Vorgehen der Schwester, spaltet, schneidet und zerteilt, um "von einem erkennbaren zu einem die Fantasie anregenden Endergebnis" zu kommen. Dia, digitale Fotografien, Abzüge werden zum Material, in dessen Urgründen er unterwegs ist und bringt daraus etwas hervor, betont er, "das ganz und gar an Holweck erinnert."
Das gelang ihm auch mit einer Arbeit im Auftrag des Saarberg-Konzerns. "Licht unter Tage" nannte er die Serie, die in einen Kalender des Unternehmens einging. "Ein Schlüsselwerk", sagt er. Die Grubenlampen der Bergarbeiter waren das einzige Licht. Die Figuren lösten sich im Licht und die Formen verschwammen. "Fluktuation" nahm diese Bewegung auf. "Kapilare" führt sie fort. "Fotografie täuscht Räumlichkeit vor, das muss ich ins Bild setzen", erklärt der Fotograf und gibt Auskunft über das, was ihn vorantreibt. Das gilt für die künstlerische Arbeit wie auch für die des Fotografen, der sich in den Dienst der Dokumentation von Kulturdenkmäler stellt. Über 20 Jahre hat er an dem 2009 erschienenen Fotoband über Saarbrücker Ludwigskirche gearbeitet. Immer angetrieben von der Neugier, herauszufinden, was alles Bild ist.
Der Fotograf wird zum Bildhauer
Der Fotograf wird zum Bildhauer und stellt seine erste Skulptur auf dem Kunstpfad "Senda d’art" in Trun in der Schweiz auf: Was wie ein Gegensatz scheint, erweist einen Zusammenhang zwischen Foto und Skulptur. "Zuerst analysieren und das Objekt sowie das Material erforschen", beschreibt Gerhard Heisler den ersten Schritt, unabhängig davon, ob er mit "Valser Stein", einer dem Granit ähnlichen Mischung aus Feldspat, Quarz und Glimmer arbeitet, oder ob er in seiner Zeit als Industriefotograf für Unternehmen für Berg- und Maschinenbau oder Informationstechnologie deren Leistungen ins Bild setzte. Da mag noch die auf Materialprüfung geeichte Grundlehre, die er bei Oskar Holweck gelernt hat hineinspielen. Dabei war es ob Fotografie oder Stein immer Handwerk, jedoch auf Heislers je eigene Art. Etwa in Gestalt des von ihm entwickelten Verfahrens des "Composings", mit dem er aufwendig Motive in einer Aufnahme mit der Hand zusammenstellte, lange bevor diese Aufgabe der Computer mit ein paar schnellen Mausklicks erledigte. Diesem Prinzip blieb er treu und legte "keine Bildhauerarbeit" vor: "Es sollte von Anfang an eine Zusammenstellung mehrerer Steine sein", erklärt er, als der Plan aufkam, eine Arbeit am Kunstpfad "Senda d’art" in Trun aufzubauen. Die Idee entstand, nach einem Besuch des Pfades vor eineinhalb Jahren. „Es fehlt ein Stein aus ihrem Material“, hatte er daraufhin an den Besitzer des Steinbruchs geschrieben, aus dem der von Heisler hochgeschätzte Architekt Peter Zumthor die Steine für die Therme von Vals geholt hat. Bereits vor Jahren hatte sich Heisler einige dieser grauglänzenden Stelen nach Saarbrücken schicken lassen. Daraus formierte er aus senkrecht gereihten Stelen eine Skulptur für seinen Garten. Fotos davon schickte er als Anregung nach Vals, was dort für Begeisterung sorgte und ihm die Einladung eintrug, eine Arbeit für den Kunstpfad zu schaffen. Das Saarbrücker Objekt einfach nach Vals zu übertragen, kam nicht in Frage. Gerhard Heisler ergriff die Chance, denn "Von der Fläche in den Raum zu kommen, hat mich immer schon fasziniert", bekennt er und erinnert sich an den Auftrag zurück, als er unter Direktor Georg-W. Koeltzsch die Skulpturensammlung des Saarlandmuseums ablichtete. Damals, fügt er hinzu, regte er an, die Skulpturen nicht für sich, sondern im Bezug zum Raum zu zeigen. Ein Ansatz, der seine Arbeit "Veta" bestimmt, was auf Rätoromanisch "Leben" bedeutet, "weil ich mit der Skulptur den Lebenslauf wiedergeben wollte." Auf einer Fläche von 12 auf fünf Metern hat er einen Sitzstein so ausgerichtet, dass der Blick des darauf Platz nehmenden Besuchers durch zwei aus Stelen formierten Wänden hindurch über die hohen gestuft aufragenden Stelen, "Trinitat" genannt, auf die beiden Kirchen des nahen Dorfes fällt. Dazwischen wächst aus dem Gras eine aus Steine gesetzte (Lebens)Linie. Die Arbeit braucht die Gesamtheit der Steine, "damit die Besonderheit jedes einzelnen wirken kann", und sie braucht die Sonne, auch das gilt im übertragenen Sinn für Stein und dem ihm von Gerhard Heisler eingeschriebenen Thema: "Der Sonnenstand ist wichtig, weil die Steine nur leben, wenn Licht auf sie fällt."
Sabine Graf
Institut für aktuelle Kunst im Saarland, Archiv, Bestand: Heisler, Gerhard (Dossier 719)
Redaktion: Claudia Maas, Ursula Kallenborn
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