Der in Japan geborene und aufgewachsene Bildhauer Hiromi Akiyama ist im Saarland bekannt durch seine Beteiligung an den internationalen Bildhauersymposien der „Straße der Skulpturen“ in St. Wendel, an denen er sich 1971/72 und 1981 beteiligt. Hiervon zeugen zwei monumentale Sandsteinskulpturen: ein unbetitelter roter Monolit mit einem abgetreppten, vertikalen Stufenrelief an der „Straße des Friedens“ und die gelbe, durch das Motiv der Öffnung charakterisierte Sandsteinarbeit „Rahmen für eine Landschaft“ an der Straße der Skulpturen. Die Werke thematisieren beispielhaft Geschlossenheit und Offenheit und zeigen damit wesentliche Aspekte aus der zentralen Schaffensphase des Steinbildhauers, der immer wieder auch verwandte Plastiken in Metall fertigt. Der Künstler ist von der Idee des kollektiven künstlerischen Schaffens inspiriert, die durch Bildhauersymposien in den 1970er und 1980er Jahren weltweit getragen wird und hat vielerorts Werke für den öffentlichen Raum geschaffen.
Hiromi Akiyama wird 1937 in Hiroshima geboren. Er absolviert ein vierjähriges Kunststudium an der Musashino Akademie in Tokio, während dessen er mit unterschiedlichen Materialien experimentiert. Rückblickend beschreibt er die Anfangszeit des Studiums als strenge Lehre dennoch gründet hier sein Interesse an der Steinbildhauerei (Riedl, 1997, S. 15): Akiyama unternimmt erste Bildversuche mit Basalt und japanischem Granit, beides sehr harte Gesteine, die vom Bearbeiter ein Höchstmaß an handwerklichem Geschick und Präzision abverlangen. Nachdem der Künstler in Japan bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hat, siedelt er 1966 nach Paris über, um an der Académie des Beaux Arts zu studieren. Das skulpturale Werk dieser künstlerischen Frühphase der 1960er Jahre ist von organisch anmutenden Formen und geschwungenen Linienführungen geprägt, die bisweilen anthropomorphe Züge aufzeigen. Einige Objekte aus den Jahren 1963 bis 1967 lassen in der Proportionierung an Figuren denken: Die Volumen scheinen in Zonen gegliedert, die die Assoziation von Kopf und Rumpf anklingen lassen; nicht selten erheben sich diese Steine aus einem zweigeteilten unteren Bereich, der den Werken einen sicheren Stand auf zwei „Beinen“ verleiht.
Im weiteren Entwicklungsprozess setzt eine zunehmende Geometrisierung der Skulpturen ein, wie der Stein an der Straße des Friedens zeigt. Er leitet eine Werkphase ein, die Mitte der 1970er Jahre komplexe Kompositionen hervorbringt. Akiyama schafft Objekte, deren Körper aus prismatisch ineinandergreifenden Rhomboiden verschachtelt erscheinen, kantige, treppenartig strukturierte Arbeiten, deren massige Volumina dem Boden verhaftet erscheinen. Die mit dem Bildhauer befreundete Lyrikerin Felicita Frischmuth schreibt: "Die Wahl des Materials, die gekonnte Bearbeitung und die gewissenhafte Durchführung unterstützt den Eindruck einer ästhetischen Vollkommenheit und Makellosigkeit, wie sie Akiyama mit seiner Arbeit anstrebt. Wie er einen Körper im Raum gliedert, plastisch macht, indem er Volumen so wegnimmt, dass gleichzeitig Volumen entsteht, ohne in der Gesamtheit zu viel zu bewegen, das zeigt einen bildnerischen Verstand, eine Sicherheit, die sich auch dem Betrachter mitteilt." (Felicitas Frischmuth, 1973, o. S.)
Ende der 1970er Jahre setzt erneut ein Wandel im künstlerischen Schaffen Akiyamas ein, der das Hauptwerk entscheidend bestimmt: Der Bildhauer beginnt Durchbrüche und Öffnungen in seine Kompositionen zu integrieren. Die Masse wird zu Gunsten von mehr Transparenz schrittweise aufgehoben, wie bei dem „Rahmen für die Landschaft“ im St. Wendeler Land. Diese rahmenartigen Strukturen bestimmen fortan die Formfindung, wovon auch einige Werktitel zeugen. Während die Arbeiten früherer Schaffensphasen fast ausnahmslos unbetitelt sind, verleiht der Künstler ab dieser Zeit vereinzelt bildhafte Titel. Die Skulpturen "Zwei Rahmen geöffnet" (1987) oder "Von Innen" (1993) deuten beispielsweise die Thematik der Öffnung und das Motiv des Einblicknehmens bzw. des Durchblickens an. Eine umfangreiche Werkreihe trägt den Titel "Shadow-Dimension" und weist damit ausdrücklich auf die künstlerische Intention Hiromi Akiyamas hin, durch das Spiel von Licht und Schatten in seinen Skulpturen Raum mehrdimensional erlebbar zu machen: "Skulptur ist der Schatten einer anderen Dimension." (Akiyama, Skulptur und Schatten, o. S.)
Im Kontext der Reihe "Shadow-Dimension" entstehen Arbeiten, die durch Öffnungen blicken lassen und die Tiefe der Objekte eindrücklich erfahrbar machen. Auf den bisweilen spiegelglatt polierten Oberflächen der Werke dieser Reihe ergeben sich beim Durchblicken, je nachdem wie das Licht durch die Öffnungen fällt, geometrische Schattenbilder, die die Formen und Konturen der Skulpturen um viele Aspekte bereichern. Auch das Motiv des Durchschreitens ist hier angelegt. Einige monumentale Werke im öffentlichen Raum scheinen ein Tor zu versinnbildlichen. Akiyama formuliert mit seinen Skulpturen und Großplastiken Übergänge zwischen Innen und Außen, von einem Ort zum anderen, bei denen das Spiel mit Licht, insbesondere aber mit Schatten immer neue Ansichten hervorbringt. Je nachdem wie offen der Künstler die Strukturen gestaltet, wirken die Kompositionen nahezu filigran, was in spannungsvollem Kontrast zu der Masse und dem ursprünglichen Volumen des Materials steht: "Akiyamas Bildhauerei ist Grenzgang. Was dem Material an Erhöhung seiner Durchlässigkeit abgerungen werden kann, erprobt der Künstler. Er ist mit Verwandlungen beschäftigt, vom Hermetischen arbeitet er aufs Transparente hin, das Uneinsehbare wird eröffnet, das Schroffe geglättet, das Matte zum Glänzen gebracht. All diese Bemühungen um den Stein sind Arbeit am Raum, an seiner Definition als Teil eines größeren, vielleicht unendlichen Ganzen, eines Kontinuums." (Kirsten Claudia Voigt, 1999, S. 23) Die Cortenstahl-Plastiken „Shadow-Dimension 9“ (1995) beispielsweise und "Shadow-Dimension 15“, die Akiyama 2001 für die Kunstakademie Karlsruhe schafft, an der er mehr als zwei Jahrzehnte eine Professur für Bildhauerei innehat, übertragen das filigrane "Rahmenmotiv" in einen neuen materiellen Kontext und auf überlebensgroße Dimensionen. Wenngleich der Überblick über das Oeuvre immer wieder thematisch verwandte Werke in Metall aufweist, die mit den steinernen Werkkomplexen korrespondieren, versteht sich der Künstler primär als Steinbildhauer. Kleinere Metallarbeiten schneidet, schweißt und schleift Akiyama selbst im Atelier, Großplastiken lässt er jedoch nach konstruktiven Werkzeichnungen oder Abgüsse nach Holzmodellen von versierten Handwerksfirmen fertigen.
In der Steingestaltung widmet er den Themen Schatten und Licht fortwährend das Hauptaugenmerk zur Formulierung räumlicher Bilderfahrungen und entwickelt parallel eine Werkreihe mit dem Titel „Shadow-Time“. Hierbei erweitert er seine bildlichen Vorstellungen zum Raum um die vierte Dimension, die Zeit. So sind die Kompositionen der 1990er Jahre bisweilen komplexer, mehrere Formkörper greifen ineinander, Rahmenstrukturen erscheinen verschachtelt oder gefaltet, auch zweiteilige Arbeiten entstehen. In den Werken der letzten Schaffensphase findet Hiromi Akiyama dahingegen zurück zu scheinbar einfachen geometrischen Formen, wenngleich die Komplexität dieser Skulpturen in der Perfektion der künstlerischen Ausarbeitung besteht, wie Peter Anselm Riedl im 1997 vorgelegten Verzeichnis der Werke hervorhebt: „Das fundamental Einfache und das Artistische sind zu einer Einheit geworden, an der die Leere konstitutiv teilhat.“ (Riedl, 1997, S. 75)
Sandra Kraemer
Redaktion: Sandra Kraemer
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